Der Schweizerische Versicherungsverband SVV hat mit einer Bevölkerungsbefragung durch das Meinungsforschungsinstitut Sotomo festgestellt: Das Erdbebenrisiko wird in der Schweiz stark unterschätzt. Derzeit sind denn auch erst 23 Prozent der versicherbaren Gebäudewerte gegen Erdbeben abgesichert. Der Versicherungsverband plädiert für eine vermehrte eigenverantwortliche Absicherung des Erdbebenrisikos. Den Vorschlag des Bundesrats für eine Zwangsabgabe im Erdbebenfall lehnt der Versicherungsverband ab. Allenfalls soll eine obligatorische Koppelung von Erdbeben mit der Feuerversicherung geprüft werden.
Über 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer unterschätzen das Erdbebenrisiko.
Laut dem Schweizerische Versicherungsverband SVV ist das Erdbebenrisiko ein Grossrisiko, dem bislang viel zu wenig Beachtung geschenkt worden ist. Über 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer unterschätzen das Risiko eines mittelstarken Erdbebens in der Schweiz, besagt eine Bevölkerungsbefragung durch das Meinungsforschungsinstitut Sotomo: Obwohl die Wahrscheinlichkeit eines Erdbebens der Magnitude 5 bis 6 auf der Richterskala in der Schweiz in den nächsten 50 Jahren bei 80 Prozent liegt, lösen Erdbeben gemäss der Umfrage das geringste Bedrohungsgefühl bei der Schweizer Bevölkerung aus, deutlich hinter Erdrutschen und Hochwasser.
Erst 23 Prozent der Gebäudewerte sind erdbebenversichert.
Die Unterschätzung des Erdbebenrisikos zeigt sich auch beim gewählten Versicherungsschutz. Denn obwohl gemäss der Sotomo-Umfrage rund drei Viertel der Bevölkerung die finanzielle Absicherung von Wohngebäuden gegen Erdbebenschäden als eher oder sehr wichtig erachten, zeigt eine interne Erhebung des Versicherungsverbands: Erst 23 Prozent der versicherbaren Gebäudewerte in der Schweiz sind gegen Erdbeben abgesichert.
Bereitschaft für eine eigenverantwortliche Erdbebenversicherung ist vorhanden.
Laut dem Versicherungsverband SVV wird in der Schweiz noch viel zu wenig für die Erdbebenrisiko-Sensibilisierung getan. Dabei wäre das Potenzial offenbar gross: «Der Wille, sich selbst eigenverantwortlich gegen das Erdbebenrisiko abzusichern, ist vorhanden und sollte genutzt werden», schreibt der SVV. Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümer sollten deshalb vermehrt die vorhandenen Möglichkeiten der Versicherung des unterschätzten Erdbebenrisikos durch Privatversicherer nutzen.
Vorschlag des Bundesrats.
In der «Botschaft zum Bundesbeschluss über die Einführung einer Kompetenz des Bundes im Bereich der Finanzierung der Behebung von Gebäudeschäden bei Erdbeben» schlägt der Bundesrat vor, die Verfassung wie folgt zu ändern: «Der Bund kann die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer verpflichten, bei Eintritt eines schwerwiegenden Erdbebens einen Beitrag von maximal 0,7 Prozent der Gebäudeversicherungssumme zur Deckung von Gebäudeschäden zu entrichten.»
Für den Versicherungsverband geht der Ansatz des Bundesrates in die falsche Richtung.
Dazu schreibt der Versicherungsverband: «In die falsche Richtung geht der Ansatz der Eventualverpflichtung, zu der der Bundesrat die Botschaft ans Parlament überwiesen hat. Denn diese darf nicht als Vorsorge oder gar als Versicherung verstanden werden. Es handelt sich vielmehr um eine Scheinlösung, deren Durchsetzbarkeit im Ereignisfall nicht gegeben ist. Nicht nur, dass diese Lösung mit einem immensen administrativen Aufwand verbunden wäre. In der angespannten Situation eines Erdbebens wäre wohl eine Zusatzabgabe gar nicht durchsetzbar. Zudem würde es die im Erdbebenfall ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage weiter verschärfen, wenn die Schweiz den Wiederaufbau aus eigenen Mitteln stemmen müsste, ohne auf die weltweiten Rückversicherungsmärkte zurückgreifen zu können.»
Erdbebenrisiko ist ein sehr gut versicherbares Risiko.
Laut dem Versicherungsverband ist das Erdbebenrisiko ein sehr gut versicherbares Risiko, das als Versicherungssparte weltweit etabliert ist. Ehe also eine Zusatzsteuer eingeführt und als Scheinlösung verankert wird, sollte zunächst in eine stärkere Sensibilisierung der Bevölkerung investiert und gegebenenfalls eine obligatorische Koppelung von Erdbeben mit der Feuerversicherung geprüft werden. «Denn mit der weltweit anerkannten Elementarschadenversicherung verfügt die Schweizer Versicherungswirtschaft bereits über sehr gute Erfahrungswerte, die sie gerne zur Verfügung stellt».