Arztpraxen und andere medizinische Einrichtungen müssen teure Medikamente, wertvolle biomedizinische Materialien und Impfstoffe ununterbrochen kühl lagern. Dafür muss ein dafür geeigneter Medikamentenkühlschrank eingesetzt werden. Kommt dazu: Bei den meisten Versicherungslösungen muss der Kühlschrankinhalt unter der Rubrik «Warenverderb» separat versichert werden. Zudem muss von den versicherten Ärztinnen und Ärzten alles unternommen werden, damit der Verlust teurer Medikamente verhindert wird. Lesen Sie, welche Massnahmen zur Vermeidung von Schäden an den Medikamenten unbedingt zu ergreifen sind, damit die Versicherung im Schadenfall zahlt.
Pflicht zur Vermeidung von Schäden
Giuseppe Pizzol, Mitglied des Kaders von Allianz Suisse, unterstreicht: «Ärztinnen und Ärzte, die für die Lagerung von Medikamenten auf Medikamentenkühlschränke angewiesen sind, tragen zur Vermeidung von Schäden an den versicherten Medikamenten eine besondere Verantwortung. Sie müssen zur Vermeidung dieser Schäden alles unternehmen, was die aktuelle Technologie mit einem vernünftigen Aufwand und zu tragbaren Kosten bietet.»
Aufgrund der Richtlinien und Merkblätter von Swissmedic und von kantonalen Gesundheitsdirektionen betreffend die Handhabung von Medikamenten durch Ärztinnen und Ärzte sowie andere medizinische Leistungserbringer lassen sich die folgenden verbindlichen Standardvorkehrungen zur Kühllagerung von Medikamenten in Arztpraxen und andern medizinischen Einrichtungen ableiten:
- Einsatz eines Medikamentenkühlschranks gemäss der DIN-Norm 13277 (früher DIN 58345): Diese Norm garantiert namentlich eine abschliessbare Tür, eine stabile Betriebstemperatur zwischen 2 und 8 Grad Celsius, eine Schnittstelle zur Aufzeichnung des Temperaturverlaufs, eine akustische und optische Warneinrichtung für zu hohe oder zu tiefe Temperaturen sowie für einen Stromausfall, eine Schnittstelle für die Fernwarneinrichtung für einen Stromausfall und für dessen Behebung aus der Ferne.
- Regelmässige Wartung des Medikamentenkühlschranks: Um die Funktionstüchtigkeit des Medikamentenkühlschranks sicherzustellen, ist eine regelmässige Wartung und Überprüfung durch qualifizierte Techniker erforderlich. Diese Wartungsarbeiten müssen dokumentiert werden.
- Notfall-Stromversorgung für den Medikamentenkühlschrank: Ärztinnen und Ärzte müssen sicherstellen, dass ihr Medikamentenkühlschrank eine zuverlässige Notstromversorgung hat. Dafür gibt es zwei Lösungen: Die unterbrechungsfreie Stromversorgung USV oder ein Notstromaggregat. Die unterbrechungsfreie Stromversorgung USV besteht hauptsächlich aus einer intelligenten Batterie, die bei normalem Betrieb aufgeladen wird. Bei Stromausfall oder Spannungsschwankungen übernimmt die Batterie automatisch die Stromversorgung bis die normale Stromversorgung wiederhergestellt ist. Ein Notstromaggregat nutzt einen Benzin- oder Erdgasmotor, der einen Generator zur Stromproduktion antreibt. Eine intelligente Steuerungseinheit schaltet das Notstromaggregat automatisch ein, wenn ein Stromausfall oder Spannungsschwankungen erkannt werden. Automatisch ausgeschaltet wird das Aggregat, wenn die normale Stromversorgung wiederhergestellt ist.
- Überwachungssystem des Medikamentenkühlschranks: Der Medikamentenkühlschrank muss mit einem Überwachsungssystem ausgestattet sein, das die Temperatur aufzeichnet und Temperaturabweichungen sofort meldet. Der Temperaturabweichungsalarm wird vom System automatisch per SMS oder E-Mail an dafür ausgewählte Personen verschickt. Eine dieser Personen muss dann die geplanten Massnahmen sofort auslösen. Wichtig: Es muss eine saubere Alarmierungskette festgelegt werden um sicherzustellen, dass sich auf jeden Fall innert kürzester Zeit jemand um das Problem kümmert.
- To-do-Listen und Verantwortlichkeiten für den Notfall: Für den Fall eines Stromausfalls oder eines technischen Defekts sollten To-do-Listen und Verantwortlichkeiten vorbereitet werden. Das betroffene Personal muss geschult werden, damit im Notfall schnell und richtig gehandelt wird.
- Weiterverwendung der Medikamente: Wenn dank der Alarmvorkehrungen die Temperaturschwankung im Medikamentenkühlschrank schnell bemerkt und behoben wird und damit nur geringe Temperaturschwankungen entstehen, sind die Medikamente nicht zwingend unbrauchbar. In diesem Fall muss mit den Medikamentenherstellern abgeklärt werden, ob die Medikamente weiterverwendet werden können.
Was im Schadenfall zu tun ist
Wenn trotz aller Massnahmen zur Schadensvermeidung am Medikamentenkühlschrank und den Medikamenten ein Schadenfall auftritt, muss der Versicherte alle Obliegenheiten der «Allgemeinen Versicherungsbedingungen AVB» seiner Versicherungslösung einhalten. Dazu zählen auf jeden Fall:
- Schadenmeldung: Der Schaden muss der Versicherung unverzüglich schriftlich gemeldet werden. Die Meldung muss alle wichtigen Informationen enthalten: Zeitpunkt des Ausfalls des Medikamentenkühlschranks, offensichtliche oder vermutliche Ursache des Ausfalls des Medikamentenkühlschranks, Auflistung der betroffenen Medikamente.
- Dokumentation des Schadens: Der Schaden muss umfassend dokumentiert werden: Foto des defekten Geräts, Aufzeichnung des Temperaturverlaufs während des Ausfalls, Liste der beschädigten Medikamente und deren Wert.
- Wiederbeschaffung der Medikamente: Ist ein sofortiger Ersatz der Medikamente notwendig, muss das auch auf einer Liste samt den dafür notwendigen Kosten festgehalten werden.
- Zusammenarbeit mit der Versicherung: Die Versicherung wird allenfalls weitere Informationen und Nachweise nachfordern. Die zusätzlich verlangten Unterlagen sollten jeweils umgehend geliefert werden. Wörtlich steht in der «Kundeninformation nach VVG zur All Risks Sachversicherung der Allianz»: «Der Versicherungsnehmer hat während und nach dem Schadenereignis nach Möglichkeit für die Erhaltung und Rettung der versicherten Sachen und für die Minderung des Schadens zu sorgen und dabei die Anordnungen der Gesellschaft zu befolgen.»