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Streitfälle darüber, ob ein Unfall oder eine Krankheit vorliegt, sind keine Seltenheit. Das überrascht nicht. Wird ein Fall von der Unfallversicherung als Unfall oder Berufskrankheit anerkannt, übernimmt sie alle Kosten. Handelt es sich um eine Krankheit, ist die Krankenkasse zuständig. Diese sieht Franchisen, Selbstbehalte und oft Vorfinanzierungen vor. Schwierigkeiten bei der Abgrenzung entstehen, obwohl der Gesetzgeber die Begriffe «Unfall», «Krankheit» und «Berufskrankheit» klar definiert hat.

Definition von «Unfall»
Eine Unfall wird von der Unfallversicherung übernommen. Gemäss Artikel 4 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) wird der Begriff „Unfall“ wie folgt definiert:
«Unfall ist die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat.»

Definition von «Krankheit»
Eine Krankheit wird von der Krankenkasse übernommen. Gemäss Artikel 3 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) wird der Begriff „Krankheit“ wie folgt definiert:
«1 Krankheit ist jede Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat.
2 Als Geburtsgebrechen gelten diejenigen Krankheiten, die bei vollendeter Geburt bestehen.»

Definition von «Berufskrankheit»
Eine Berufskrankheit wird von der Unfallversicherung übernommen. Gemäss Artikel 9 des Unfallversicherungsgesetzes UVG wird der Begriff «Berufskrankheit» wie folgt definiert:
«1 Als Berufskrankheiten gelten Krankheiten, die bei der beruflichen Tätigkeit ausschliesslich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe oder bestimmte Arbeiten verursacht worden sind. Der Bundesrat erstellt die Liste dieser Stoffe und Arbeiten sowie der arbeitsbedingten Erkrankungen.
2 Als Berufskrankheiten gelten auch andere Krankheiten, von denen nachgewiesen wird, dass sie ausschliesslich oder stark überwiegend durch berufliche Tätigkeit verursacht worden sind.
3 Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind Berufskrankheiten von ihrem Ausbruch an einem Berufsunfall gleichgestellt. Sie gelten als ausgebrochen, sobald der Betroffene erstmals ärztlicher Behandlung bedarf oder arbeitsunfähig ist.»
Ausschliesslich oder vorwiegend bedeutet, dass die Krankheit zu mehr als 50 Prozent durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden sein muss. Der Verursachungsanteil wird durch Faktoren wie die Expositionsdauer, die Konzentration des Schadstoffes in der Luft, die Lärmintensität oder die Schwere der Arbeit bestimmt.
Die schädigenden Stoffe sowie die bestimmten Arbeiten sind in der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) genau aufgelistet.
Aber auch Krankheiten, die nicht in der Verordnung aufgelistet sind, können als Berufskrankheiten anerkannt werden. Voraussetzung dafür ist, dass eine Krankheit zu mindestens 75 Prozent durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden ist.

Acht Körperschädigungen, die meist als Unfall gelten
Bei Gesundheitsschäden, die sowohl durch unfallähnliche Ereignisse wie auch durch krankhafte oder degenerative Faktoren entstanden sind, ist die korrekte Einordnung schwierig. Seit dem 1. Januar 2017 sind deshalb in Artikel 6 des Unfallversicherungsgesetzes UVG acht Körperschädigungen aufgeführt, die auch ohne ungewöhnliche äussere Einwirkung als Unfallfolgen gelten. Somit müssen folgende Körperschädigungen per Gesetz vom Unfallversicherer übernommen werden, sofern sie laut der Diagnose nicht vorwiegend durch Abnützung oder Erkrankung entstanden sind: Knochenbrüche, Verrenkungen von Gelenken, Meniskusrisse, Muskelrisse, Muskelzerrungen, Sehnenrisse, Bandläsionen, Trommelfellverletzungen.


Beispiele für Unfälle

  • Meniskusriss beim Stolpern auf einer Treppe während eines Umzugs
  • Daumenschnitt mit einer Stichsäge beim Arbeiten
  • Insektenstiche oder Zechenbisse mit schlimmen Folgen: Jeder Fall wird individuell bewertet, um festzustellen, ob er als Unfall zu klassifizieren ist.


Beispiele für «kein Unfall»

  • Jemand leidet seit dem Besuch eines Rockkonzerts unter einem extremen Pfeifen in den Ohren. Für den negativen Entscheid der Unfallversicherung ist hier der für einen Unfall fehlende Faktor «Plötzlichkeit» verantwortlich: Das Konzert dauerte mehrere Stunden.
  • Ein Bauarbeiter hebt auf der Baustelle eine schwere Kiste. Dabei schiesst es ihm plötzlich in den Rücken. Hier fehlt der für einen Unfall notwendige ungewöhnliche äussere Faktor: Das Heben von schweren Kisten gehört zu den normalen Tätigkeiten eines Bauarbeiters. Würde er hingegen auf dem nassen Boden ausrutschen und stürzen, wäre das ein ungewöhnlicher äusserer Faktor, der zum Unfall führt.
  • Wer sich absichtlich selbst verletzt, hat keinen Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung.


Mix zwischen Unfall und Krankheit

  • Jemand prellt sich das Knie an der Tür. Dabei entdeckt der Arzt eine Kniearthrose. Die Unfallversicherung zahlt die Kosten bis zum Ende der Heilung der Prellung. Für die Behandlung der Arthrose ist dann die Krankenkasse zuständig.



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