Viele ältere Menschen überlegen sich, ihr wertvolles Eigenheim an eines oder mehrere ihrer Kinder zu überschreiben. Ziel: Das in der Immobilie angesparte Familienvermögen unversehrt an die Nachkommen weitergeben, komme was wolle. Aber: Der mit der Überschreibung verbundene Vermögensverzicht ist unbefristet(!) und wird laut Gesetz jährlich nur um 10'000 Franken vermindert. Braucht es dann im höheren Alter zur Begleichung von hohen Pflege- und Altersheimkosten allenfalls staatliche Ergänzungsleistungen, wird der mit der Überschreibung verbundene Vermögensverzicht, abzüglich der 10'000 Franken pro Jahr, als weiterhin bestehendes Vermögen angerechnet. Das schmälert oder verunmöglicht den Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Zudem kann die Verwandtenunterstützung ins Spiel kommen.
Schenkungen von Eigenheimen verjähren nicht
«Beim Überschreiben eines Eigenheims gibt es in der Schweiz keine Zehnjahresfrist für die Verjährung der Schenkung», schreibt der Immobilienmakler Neho im Blog «Haus überschreiben: Es gibt keine Zehnjahresfrist!». Dann wird präzisiert: «Wenn eine Person freiwillig auf Vermögen verzichtet hat – beispielsweise durch Schenkung, Erbvorbezug oder übermässige Kaufausgaben –, wird das Vermögen, abzüglich von 10'000 Franken pro Jahr, so bewertet, als ob es noch vorhanden wäre. Das kann beispielsweise dazu führen, dass die Ergänzungsleistungen gekürzt werden oder der Anspruch gänzlich erlischt.»
Wer sein wertvolles Haus verschenkt, hat kein Anrecht aud Ergänzungsleistungen
Das stimmt: Mit dem Artikel 11a des revidierten Ergänzungsleistungsgesetzes, das am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, soll gezielt verhindert werden, dass Menschen ihr Vermögen mittels einer Schenkung «retten», um dann zur Finanzierung des Pflegeheims oder des Altersheims Ergänzungsleistungen des Staates und damit des Steuerzahlers in Anspruch zu nehmen.
Der entsprechende Passus lautet: «Die übrigen Einnahmen, Vermögenswerte und gesetzlichen oder vertraglichen Rechte, auf die eine Person ohne Rechtspflicht und ohne gleichwertige Gegenleistung verzichtet hat, werden als Einnahmen angerechnet, als wäre nie darauf verzichtet worden.»
In Artikel 17e der Ergänzungsleistungsverordnung wird dann noch präzisiert: «Der anzurechnende Betrag des Vermögens, auf das gemäss Artikel 11a des revidierten Ergänzungsleistungsgesetzes verzichtet wurde, wird für die Berechnung der Ergänzungsleistungen jährlich um 10’000 Franken vermindert.»
Das bedeutet: Man kann sein Vermögen nicht einfach verschenken, damit dann der Staat die anfallenden Pflege- und Altersheimkosten mit Ergänzungsleistungen aus Steuergeldern berappt. Zuerst muss das Vermögen ausserhalb der gesetzlichen Vermögensgrenzen für Ergänzungsleistungsbezüger für die anfallenden Kosten aufgebraucht werden.
Ergo: Wird der Wohnsitz in ein teures Pflege- oder Altersheim verlegt, muss zur Finanzierung von nicht gedeckten Kosten ein vorhandenes wertvolles Eigenheim hypothekarisch belastet oder allenfalls verkauft werden, bevor Ergänzungsleistungen ins Spiel kommen.
Ergänzungsleistungen müssen allenfalls zurückgezahlt werden
Kommt dazu: Artikel 16a des revidierten Ergänzungsleistungsgesetzes legt fest: «Rechtmässig bezogene Ergänzungsleistungen sind nach dem Tod der Bezügerin oder des Bezügers aus dem Nachlass zurückzuerstatten. Die Rückerstattung ist nur von demjenigen Teil des Nachlasses zu leisten, der den Betrag von 40’000 Franken übersteigt. Bei Ehepaaren entsteht eine Rückerstattungspflicht erst aus dem Nachlass des Zweitverstorbenen.»
Wegen der ohne Einbezug des selbstbewohnten Eigenheims tiefen Vermögensschwellen für den Bezug von Ergänzungsleistungen, müssen die Erben von Ergänzungsleistungsbeziehenden mit selbstbewohntem Wohneigentum die Rückerstattung der Ergänzungsleistungen wohl zumeist aus der Verwertung des geerbten Wohneigentums bezahlen.
Pflicht der Verwandtenunterstützung
«Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden», steht in Artikel 328 des Zivilgesetzbuches. Bevor eine ältere Person für die hohen Kosten eines Pflege- oder Altersheims Ergänzungsleistungen zugesprochen erhält, prüft der Staat heute mehr denn je, ob es verwandtenunterstützungspflichtige Verwandte gibt. Diese Pflicht kommt oft dann ins Spiel, wenn ein teures Eigenheim verschenkt worden ist und für hohe Pflege- und Altersheimkosten nicht mehr verwertet werden kann.
Wer lebt in günstigen Verhältnissen?
Die Grenzwerte für die vom Zivilgesetzbuch unpräzise beschriebenen «günstigen Verhältnisse» werden in der «Praxishilfe: Berechnung der Verwandtenunterstützung» der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS wie folgt festgelegt: Die Verwandtenunterstützungspflicht kommt nur in Frage, wenn das jährliche steuerbare Einkommen plus Vermögensverzehr bei Alleinstehenden mehr als 120’000 Franken beträgt und bei Verheirateten mehr als 180'000 Franken. Für jedes minderjährige oder sich in Ausbildung befindende Kind werden diese Einkommensgrenzen um 20'000 Franken erhöht. Der Vermögensverzehr errechnet sich wie folgt: steuerbares Vermögen abzüglich eines Freibetrags von 250'000 Franken bei Alleinstehenden und eines Abzugs von 500’'000 Franken bei Verheirateten, zuzüglich eines Abzugs von 40'000 Franken pro Kind. Der verbleibende Betrag wird aufgrund der durchschnittlichen Lebenserwartung des Unterstützungspflichtigen in den jährlichen Vermögensverzehr umgerechnet.
Gemeinde kann Unterstützung mit Zivilklage einfordern
Die Beiträge von Verwandten sollten von den Behörden aufgrund gegenseitiger Absprachen erhoben werden. Auf keinen Fall können die Beträge mittels eines Beschlusses irgendeiner Behörde eingefordert werden. Im Streitfall hat das unterstützungspflichtige oder kostentragende Gemeinwesen eine Zivilklage zu erheben, die sich auf Unterhaltsleistungen für die Zukunft und für höchstens ein Jahr vor der Klageerhebung erstrecken kann.
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