Anfrage von Dr. med. J. B. in G.: «Mein handgeschriebenes, datiertes und unterschriebenes Testament entspricht nicht mehr dem am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Erbrecht. Ich will nämlich meinen einzigen Sohn aus erster Ehe auf den neuen tieferen Pflichtteil von einem Viertel setzen und von der höheren freien Quote namentlich zugunsten meiner jüngeren zweiten Ehefrau profitieren. Ausserdem möchte ich noch ein paar Vermächtnisse einfügen. Soll ich mein handgeschriebenes Testament dafür handschriftlich ändern oder das Testament widerrufen und ein neues Testament aufsetzen?»
Testament neu aufsetzen und alle bisherigen Verfügungen widerrufen
Ein nicht von einer Urkundsperson öffentlich beurkundetes Testament muss vom Anfang bis zum Ende eigenhändig geschrieben sowie mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein. Anders als einen Erbvertrag kann man ein handgeschriebenes Testament jederzeit ändern, ergänzen oder aufheben. Wer Teile durchstreicht und neu schreibt, muss die Korrektur mit Datum und Unterschrift versehen. Möglich sind auch Ergänzungen in einem zusätzlichen Dokument, das ebenfalls alle Formvorschriften erfüllen muss.
Aber: Grössere Anpassungen machen das handgeschriebene Testament schnell unleserlich, was zu unnötigen Erbstreitereien führen kann. Deshalb ist zu empfehlen: Wer sein handgeschriebenes Testament, namentlich wegen des neuen Erbrechts, ändern will, sollte sein altes Testament eigenhändig neu schreiben sowie mit Ort, Datum und Unterschrift versehen und das alte Terstament vernichten. Dabei gilt: Wer ein neues handgeschriebenes Testament verfasst, widerruft zuerst mal alle vorher schon gemachten Verfügungen. Dieser Widerruf steht am Anfang des Testaments.
Wichtig zu wissen: Im neuen Erbrecht bleibt die gesetzliche Erbfolge unverändert
Die gesetzliche Erbfolge bleibt mit dem am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen revidierten Erbrecht unverändert. Das heisst: Bei Ehepaaren wird beim Tod eines Ehepartners wie gewohnt zuerst die güterrechtliche Auseinandersetzung gemacht. Dann erben laut Gesetz und ohne Testament der Ehepartner und die Kinder je die Hälfte des Nachlasses des Verstorbenen. Bei Unverheirateten, die im Konkubinat leben, erben laut Gesetz und ohne Testament die Nachkommen den ganzen Nachlass. Gibt es keine Nachkommen, erben laut Gesetz und ohne Testament die Eltern und allenfalls sogar die Geschwister.
Nur wer ein Testament macht, kann vom neuen Erbrecht profitieren
Der Kern des am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen neuen Erbrechts sind die tieferen Pflichtteile und damit die höheren freien Quoten. Von diesen höheren freien Quoten kann man allerdings nur profitieren, wenn man ein Testament macht oder ein bestehendes Testament abändert. Mit einem Testament kann man im Vergleich zum alten Erbrecht beispielswese den Ehepartner, den Konkubinatspartner oder gemeinnützige Organisation stärker begünstigen. Das gilt mit dem am 1. Januar 2023 in Kraft gesetzten neuen Erbrecht: