In der Schweiz haben letztes Jahr 40’002 Ärztinnen und Ärzte gearbeitet. Das sind 780 oder 2 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die FMH-Ärztestatistik 2022 zeigt. Wegen der verbreiteten teilzeitigen Arbeitspensen füllen die 40'002 Ärztinnen und Ärzte aber nur 34'688 Vollzeitstellen aus. Bemerkenswert ist auch die stetige Zunahme des Frauenanteils. Daneben gibt es Gründe zur Besorgnis: Der Anteil der über 60-Jährigen ist hoch, die Hausarztdichte verharrt auf tiefem Niveau und die Auslandabhängigkeit ist und bleibt gross.
Jede zweite Arztperson ist 50 oder älter
2022 war jede zweite berufstätige Arztperson 50 Jahre alt oder älter und jede vierte Arztperson ist 60 Jahre alt oder älter. Das entspricht einer beunruhigenden Überalterung der Schweizer Ärzteschaft.
45,7 Prozent sind Frauen
Der Frauenanteil ist in der Ärzteschaft von 2012 mit 37,5 Prozent bis 2022 mit 45,7 Prozent stetig gewachsen. Eine Besonderheit dabei: In den höheren Altersklassen überwiegt der männliche Anteil, während der Nachwuchs eher weiblich ist.
Die Hausarztdichte ist alarmierend tief
Die Schweiz hat eine Ärztedichte von 4,6 Ärztinnen und Ärzten pro 1000 Einwohner. Aber: Die Ärztedichte gemessen an Vollzeitäquivalenten beträgt lediglich 3,9 Ärztinnen und Ärzte pro 1000 Einwohner. Und gerade bei den ambulant tätigen Hausärztinnen und Hausärzten ergibt sich ein alarmierendes Bild: Die in Vollzeitäquivalenten gemessene Hausarztdichte pro 1000 Einwohner und Einwohnerinnen liegt mit 0,8 seit Jahren unter dem empfohlenen Wert von 1.
Arbeitspensen werden kleiner und kleiner
Das Arbeitspensum der Ärztinnen und Ärzte sowie die geleisteten Stunden pro Woche nehmen seit Jahren ab. Das Arbeitspensum betrug 2022 durchschnittlich 8,7 Halbtage pro Woche. Ein Halbtag entspricht vier bis sechs Arbeitsstunden. Daraus errechnet sich eine Wochenarbeitszeit von 47,7 Stunden. 2012 waren es noch 9 Halbtage oder 49,3 Stunden pro Woche.
Zunehmende Abhängigkeit vom Ausland
Die Schweiz hat nach Israel den zweithöchsten Ausländeranteil in der Ärzteschaft aller OECD-Länder: 15’783 oder 39,5 Prozent der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte stammen aus dem Ausland oder besitzen ein ausländisches Diplom. Das sind 1,1 Prozent mehr als 2021. Die immer noch attraktiven Schweizer Rahmenbedingungen ziehen nach wie vor viele Fachkräfte aus dem Ausland an, begünstigen jedoch die Mangellage in den Herkunftsländern.
Versorgungssicherheit steht auf der Kippe
Die Workforce-Studie prognostiziert für den Kanton Bern bis 2025 eine weitere Abnahme in der Grundversorgung um 25 Prozent. Zur Kompensation würden laut der Studie mehr Ärztinnen und Ärzte benötigt, die sich für die Grundversorgung entscheiden und ein Pensum von mindestens 7,5 Halbtagen pro Woche leisten. Die sinkenden Arbeitspensen haben in diesem Zusammenhang eine weitere Auswirkung: Eine Arztperson, die in den Ruhestand geht, kann ihre Nachfolge allenfalls nicht nur mit einer Ärztin oder einem Arzt regeln.
Hausärztemangel ist ein Kostentreiber
Mangel- und Fehlversorgungen führen erfahrungsgemäss zu zusätzlichen Kosten. Deshalb braucht es entschlossene Gegenmassnahmen, um die Rahmenbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte zu verbessern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Dabei sind namentlich folgende Massnahmen von Bedeutung:
- Weniger administrative Aufgaben und damit mehr Zeit für die Patienten
- Erhöhung der inländischen Studienplätze für Medizin
- Zeitgemässe Tarif- und Finanzierungssysteme mit TARDOC und «Einheitlicher Finanzierung von stationären und ambulanten Dienstleistungen EFAS»
- Rigide Beschleunigung in den Bereichen Interprofessionalität und Digitalisierung.