In den letzten Wochen hat sich die angespannte Arzneimittelversorgungslage weiter verschärft und den ambulanten Bereich erreicht. Die wirtschaftliche Landesversorgung stuft die Lage im «Fachbereich Heilmittel» als «problematisch» ein. Die neue «Taskforce Engpass Medikamente» prüft gemeinsam mit anderen Bundesstellen die möglichen Massnahmen. Lesen Sie, welche Wirkstoffe besonders betroffen sind.
Weltweiter Mangel an Antibiotika
Der weltweite Mangel an Antibiotika wurde durch Covid und die Produktionsengpässe bei den Wirkstoffen bedingt durch Lockdowns insbesondere in China massiv verschärft. Dieses globale Problem sowie die aktuell starke und langandauernde Infektionswelle führen auch in der Schweiz dazu, dass die Nachfrage nicht mehr vollständig durch das Angebot gedeckt werden kann.
Zunehmend sind orale Formen und damit der ambulante Bereich betroffen
Die Versorgungsstörungen betreffen zunehmend orale Formen und damit den ambulanten Bereich: Arztpraxen, Apotheken, die Behandlung zu Hause. Der ambulante Bereich ist deutlich schwerer durch Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung kontrollierbar als der Spitalbereich: Erstens sind mehr Dienstleister wie Ärztinnen und Ärzte sowie öffentliche Apotheken betroffen und zweitens sind die Distributionswege, die Verteilung über Grossisten, nicht mehr durch die Zulassungsinhaberin direkt zu kontrollieren. Bei Grossisten erfolgt die Bestellabwicklung grösstenteils vollautomatisiert, manuelle Kontrollen und Beschränkungen sind kaum umsetzbar.
Die Lage verschlechtert sich seit 2019
Die Versorgungslage bei Arzneimitteln verschlechtert sich seit mehreren Jahren stetig. Dies verdeutlicht die Statistik der Meldestelle der wirtschaftlichen Landesversorgung: Die Zulassungsinhaberinnen sind verpflichtet, Engpässe bei lebenswichtigen Medikamenten der Meldestelle zu melden. Im Jahr 2022 ist die Anzahl Meldungen auf der Heilmittelplattform um rund neun Prozent gegenüber 2019 gestiegen, dies nach einem Rückgang während der beiden Covidjahre. Über 150-mal wurde im Jahr 2022 ein Pflichtlagerbezug beantragt. Dies entspricht einem neuen Höchststand. In rund 120 Fällen wurde der Markt daraufhin mit Waren aus den Pflichtlagern versorgt. Die steigende Zahl an Marktrückzügen erschwert zudem den Ersatz betroffener Arzneimittel. Immer häufiger sind Produkte mit Monopolcharakter betroffen. Vor diesem Hintergrund beurteilte die wirtschaftliche Landesversorgung die Versorgungslage bei Arzneimitteln bisher bereits als «stark unter Druck» und gab bereits Pflichtlager frei.
Wirtschaftliche Landesversorgung setzt die «Taskforce Engpass Medikamente» ein
Als Konsequenz der verschärften Lage prüft die wirtschaftliche Landesversorgung mehrere Massnahmen in Absprache mit den betroffenen Stellen namentlich im Departement des Innern EDI sowie im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS. Als kurzfristige Massnahme ist die «Taskforce Engpass Medikamente» gebildet worden. Sie hat ihre Arbeiten unter der Leitung des Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung aufgenommen. Sie konzentriert sich auf die Möglichkeiten rasch umsetzbarer und sofort wirksamer Massnahmen. Diese beziehen sich auf die einzelnen Störungen und können bestenfalls Linderung bringen.
Mittel- und langfristige Massnahmen
Mittel- und langfristige Massnahmen zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung werden vom Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL und vom Bundesamt für Gesundheit BAG gemeinsam evaluiert. Dabei geht es insbesondere darum, die Störungen früher und breiter zu erfassen, deren Management zu erleichtern sowie die Marktbedingungen insgesamt zu verbessern. Das alles mit dem Ziel, weniger Störungen zu haben.
Das sind die aktuellen Versorgungsstörungen
In den beiden untenstehenden Dokumenten findet man eine Übersicht über die aktuellen Versorgungsengpässe im Heilmittelsektor. Aufgeführt sind in den Dokumenten auch allfällige Handlungsvorschläge sowie von Bundesseite ergriffene Massnahmen:
Versorgungsengpässe Arzneimittel
Versorgungsengpässe Impfstoffe