Die von Direktor Urban Angehrn (Bild) geführte Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA schliesst ein Enforcementverfahren gegen die in der Krankenzusatzversicherung tätige Gesellschaft der CSS-Gruppe ab. Das Verfahren förderte Mängel im Geschäft mit externen Vermittlern zu Tage und zeigte auf, dass die CSS Versicherung AG Teile der Vertriebs- und Verwaltungskosten gruppenintern einseitig zulasten der Zusatzversicherten verteilt. Die FINMA ordnet an, überhöhte Prämien im Umfang von 129 Millionen Franken den betroffenen Zusatzversicherten zurückzuerstatten.
«Schwere Aufsichtsrechtsverletzungen»
Die FINMA unterstreicht in der Medienmitteilung «FINMA verpflichtet CSS zur Prämienrückerstattung zugunsten von Krankenzusatzversicherten» namentlich: «Das Verfahren der FINMA ergab, dass die CSS Versicherung AG von 2013 bis 2019 schwere Aufsichtsrechtsverletzungen zu verantworten hat. Diese gründen auf Mängel im Bereich des Vermittlergeschäfts und gruppenintern einseitig zulasten der Krankenzusatzversicherten verrechneten Verwaltungskosten. Die CSS bezahlte teilweise wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Provisionen, welche die Rentabilität der Neuabschlüsse in Frage stellten. Zudem belastete die CSS bis 2018 sämtliche vom Konzern geleisteten Provisionszahlungen dem Zusatzversicherungsgeschäft. Die Vermittlerkosten für alle Neuabschlüsse wurden somit ausschliesslich von den Zusatzversicherten getragen, obschon diese nachweislich auch obligatorische Krankenversicherungen betrafen. Kommt dazu: Die CSS hat die Zusatzversicherung mit weiteren nicht verursachergerechten Kosten belastet wird, indem die Zusatzversicherung beispielsweise seit Jahren den weitaus überwiegenden Teil der Marketingkosten und die vollständigen Werbekosten der ganzen CSS-Gruppe trägt.»
Antwort der CSS
In der Medienmitteilung «CSS prüft Verfügung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA» schreibt die CSS: «Der Entscheid der FINMA ist nicht rechtskräftig und kann von der CSS beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Die CSS analysiert die Verfügung nun im Detail und prüft das weitere Vorgehen. Sollte die Verfügung rechtskräftig werden, wird die CSS einen detaillierten Plan für die Rückerstattungen erstellen und ihre Kundinnen und Kunden im Bereich der Zusatzversicherung in den Jahren 2013 bis 2019 über die Höhe der Zahlungen informieren. Die Versicherten und das Geschäft der CSS in der obligatorischen Grundversicherung sind nicht betroffen.»
Branchenvereinbarung zur Regelung der Versicherungsvermittlungstätigkeit im Krankenkassenbereich
Zur Regelung der teilweise üblen Zustände bei der Versicherungsvermittlungstätigkeit im Krankenkassenbereich haben sich die Krankenversicherer bereits 2020 auf eine privatwirtschaftliche Branchenvereinbarung gegen die telefonische Kaltakquise und für die Begrenzung der Provisionen geeinigt. Diese betrifft die Grundversicherung und die Zusatzversicherungen. Mit verbindlichen Qualitäts- und Transparenzmassnahmen soll damit mehr Rechtssicherheit zu Gunsten der Kundinnen und Kunden geschaffen werden. Die freiwillige Vereinbarung trat am 1. Januar 2021 in Kraft.
Jetzt greift der Staat durch
Am Montag, 7. März 2022, hat der Nationalrat als Erstrat dem neuen «Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit» zugestimmt. Damit will der Staat den Versicherern, namentlich den Krankenkassen, und ihren Versicherungsvermittlern viel strengere Regeln auferlegen. So sollen nicht mehr nur die Telefonwerbung, der Verzicht der Versicherungen auf Leistungen der Callcenter und die Einschränkung der Provisionen im Gesetz geregelt werden. Neu sollen ebenso das Verbot der Kaltakquise - also die Telefonwerbung bei Personen, die nie bei der betreffenden Kasse versichert waren oder es seit längerer Zeit nicht mehr sind -, die Ausbildung der Vermittlerinnen und Vermittler und eine Pflicht festgelegt werden, das Verkaufsgespräch zu protokollieren. Das Gesetz geht demnächst in den Ständerat.