In der Schweiz berufstätige Ärztinnen und Ärzte sind im Jahr 2021 im Durchschnitt älter geworden und die Abhängigkeit des Schweizer Gesundheitswesens von Ärztinnen und Ärzten, die ihr Arztdiplom nicht in der Schweiz erworben haben, nimmt weiter zu. Dies zeigt die FMH-Ärztestatistik 2021. Im Jahr 2021 waren in der Schweiz insgesamt 39’222 Ärztinnen und Ärzte berufstätig. 44,9 Prozent davon sind Frauen. Der Anteil mit einem ausländischen Arztdiplom liegt inzwischen bei 38,4 Prozent, gegenüber dem Vorjahr erneut ein Plus. Und 25 Prozent sind 60 Jahre alt oder älter. Lesen Sie Einzelheiten dazu.
Weiter gestiegener Frauenanteil
2021 waren in der Schweiz insgesamt 39’222 Ärztinnen und Ärzte berufstätig. Das sind 720 Ärztinnen und Ärzte mehr als im Vorjahr, was einer Zunahme um 1,9 Prozent entspricht. Diese Zunahme ist hauptsächlich auf den Zuwachs von 694 Ärztinnen zurückzuführen. Bei den Männern ist im Vergleich zum Vorjahr per Ende 2021 nur eine geringe Zunahme von 26 Ärzten zu verzeichnen. Damit steigt der Frauenanteil in der Ärzteschaft insgesamt auf 44,9 Prozent.
Durchschnittsalter liegt bei 50 Jahren
Das Durchschnittsalter der Ärztinnen und Ärzte liegt 2021 bei 50 Jahren. Die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte ist 50 Jahre alt oder älter und 25 Prozent der Ärztinnen und Ärzte sind 60 Jahre alt oder älter. Ein Rückblick auf das Jahr 2005 zeigt, dass das Durchschnittsalter sowohl im Praxissektor wie auch im Spitalsektor beträchtlich gestiegen ist: im Praxissektor von 52 Jahren im Jahr 2005 auf 55 Jahre im Jahr 2021, im Spitalsektor von 40 Jahren im Jahr 2005 auf 44 Jahre im Jahr 2021.
15'077 Ärztinnen und Ärzte haben ein ausländischer Arztdiplom
15’077 oder 38,4 Prozent der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz haben ein ausländisches Arztdiplom. Im Vergleich zum Vorjahr ist ihr Anteil um ein Prozent gestiegen. Im Praxissektor beträgt der Anteil der Ärztinnen und Ärzte, die über ein ausländisches Arztdiplom verfügen, 36,4 Prozent, im Spitalsektor 40,7 Prozent. Der Grossteil der ärztlichen Fachkräfte mit einem im Ausland erworbenen Arztdiplom stammt mit 51,8 aus Deutschland, gefolgt von Italien mit 9,2 Prozent, Frankreich mit 7,2 Prozent und Österreich mit 6 Prozent.
Versorgungsabhängigkeit vom Ausland bleibt weiter hoch
Im Studienjahr 2020/2021 waren im Bachelorstudiengang im Bereich Humanmedizin 5’649 Studierende eingeschrieben, davon 1’997 Männer und 3’652 Frauen. Im Masterstudiengang waren es 3’656 Studierende, nämlich 1’451 Männer und 2’205 Frauen. 1’118 Ärztinnen und Ärzte haben 2’021 das eidgenössische Diplom in Humanmedizin erhalten, während die Medizinalberufekommission MEBEKO im gleichen Jahr 2’736 ausländische Arztdiplome anerkannt hat. Bei den Facharzttiteln stehen 1’666 eidgenössische Facharzttitel 1’316 durch die MEBEKO anerkannten ausländischen Facharzttiteln gegenüber. Ergo: Die Versorgungsabhängigkeit vom Ausland steigt und steigt.
Grundversorgung schrumpft seit 2013
Die Allgemeine Innere Medizin ist in der berufstätigen Ärzteschaft mit einem Anteil von 21,5 Prozent das am häufigsten vertretene Fachgebiet. An zweiter Stelle liegt die Psychiatrie und Psychotherapie mit 10 Prozent), gefolgt von der Kinder- und Jugendmedizin mit 5,3 Prozent sowie der Gynäkologie und Geburtshilfe mit 5,1 Prozent. Ordnet man diese Fachrichtungen gemeinsam der Grundversorgung zu, so muss man feststellen, dass der Anteil dieser Fachrichtungen auf die gesamte Schweiz gesehen seit 2013 rückläufig ist. Den höchsten Frauenanteil verzeichnen die Fachrichtungen Kinder- und Jugendmedizin mit 66,8 Prozent), Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie mit 66,4 Prozent sowie die Gynäkologie und Geburtshilfe mit 65,8 Prozent. Die Männer sind im Vergleich zu den Frauen in den chirurgischen Fachgebieten häufiger vertreten: Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie 92,3 Prozent, Thoraxchirurgie: 90,9 Prozent, Orthopädische Chirurgie 86,6 Prozent.
Frauenanteil nimmt mit steigender Hierarchiestufe ab
Im Spitalsektor nimmt der Frauenanteil mit steigender Hierarchiestufe deutlich ab. Überwiegt der Anteil der Ärztinnen bei den Assistenzärztinnen und -ärzten noch mit 59,5 Prozent, so beträgt er auf Oberarztstufe noch 49,8 Prozent, bei der leitenden Ärzteschaft noch 29,5 Prozent und auf Chefarztebene noch 15,3 Prozent. Ein Grund dafür stellt der tiefere Frauenanteil in den höheren Altersgruppen dar, die in den Kader- und Chefarztpositionen übervertreten sind. Um die Versorgung mit qualifizierten Fachkräften sicherzustellen, müssen zukünftig die Nachwuchsärztinnen auch in diesen Positionen stärker vertreten sein.
«Das Schweizer Gesundheitssystem nicht aufs Spiel setzen»
Das schreibt die Ärztevereinigung FMH in ihrer Medienmitteilung über die FMH-Ärztestatistik: «Bereits heute zeichnet sich ab, dass die Abhängigkeit vom Ausland in Bezug auf die medizinischen Fachkräfte in den kommenden Jahren eher weiter zunehmen wird. Ob in der Schweiz auch in Zukunft genügend Ärztinnen und Ärzte für die fachgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen werden, hängt derweil massgeblich von anstehenden politischen Entscheiden ab. Wird der Bundesrat den TARDOC als neuen sachgerechten Arzttarif genehmigen und so die Grundversorgung in der Schweiz stärken? Werden die Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz weiterhin patientenzentriert arbeiten können oder werden wichtige Behandlungen aufgrund eines Kostendachs verschoben werden müssen? Werden die Ärztinnen und Ärzte genügend Zeit für ihre Patientinnen und Patienten haben oder wird ihre administrative Belastung weiter zunehmen? Werden die Kantone das neue Zulassungsrecht mit Augenmass anwenden? Die Qualität und die Güte des Schweizer Gesundheitswesens hängt nicht zuletzt davon ab, unter welchen Bedingungen Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz ihren Beruf ausüben können.»