Sogar für Gutverdiener wie jüngere Ärztinnen und Ärzte ist Wohneigentum wegen der rekordhohen Eigenheimpreise aus eigener Kraft kaum mehr finanzierbar. Trotzdem erklimmen die Eigenheimpreise aufgrund hoher Nachfrage immer neue Rekordstände. Allein im Covidjahr 2021 sind die Preise für Einfamilienhäuser um 10,3 Prozent und diejenigen für Stockwerkeigentum um 7,2 Prozent gestiegen. Die Hauptursache für diesen Preisanstieg sind laut der Studie «Immobilien Schweiz – 1. Quartal 2022» von Raiffeisen die Erbvorbezüge der Eigenheimkäufer. Derzeit werden in der Schweiz jährlich fast 100 Milliarden Franken vererbt und es wird immer mehr. Die Babyboomer haben erhebliche Vermögen angehäuft und greifen ihren Sprösslingen beim Eigenheimkauf unter die Arme. Damit ist auf dem Eigenheimmarkt eine «Erbvorbezug-Preis-Spirale» am Laufen. Das Ende der Preissteigerungen beim Wohneigentum ist mithin nicht in Sicht.
Wohneigentumspreise sind seit 2015 stark gestiegen
Seit 2015 sind die Wohneigentumspreise stets gestiegen:
Es braucht ein Haushaltjahreseinkommen von 160'000 Franken
Laut der Studie «Immobilien Schweiz – 1. Quartal 2022» von Raiffeisen kostet derzeit eine typische Vierzimmereigentumswohnung mit 100 Quadratmetern 910'000 Franken. Wegen der Tragbarkeitsregel, dass fünf Prozent der Hypothek einen Drittel des Einkommens nicht übersteigen dürfen, und den geforderten 20 Prozent Eigenkapital braucht es zum Erwerb einer solchen Eigentumswohnung ein Haushaltjahreseinkommen von 160'000 Franken und eine Eigenkapitalzahlung von mehr als 180'000 Franken. Haushalte mit einem Durchschnittseinkommen und wenig Vermögen sind mithin vom Eigenheimmarkt ausgeschlossen. Das betrifft namentlich die jungen und jüngeren Familien.
Die Älteren haben stattliche Vermögen
Im Gegensatz zu den Jüngeren haben die Älteren in der Schweiz im Durchschnitt stattliche Vermögen. Das zeigt die Grafik «Vermögen nach Alter» anhand der Vermögensverhältnisse der Altersklassen im Kanton Zürich:
Erbvorbezüge machen junge Familien zu Eigenheimkäufern
Es gibt ein Rätsel: Die grosse Mehrheit der Schweizer Haushalte kann sich mit ihrem ungenügenden Hauhalteinkommen und dem tiefen Vermögen bei den aktuell hohen Wohneigentumspreisen eigentlich kein Eigenheim leisten. Und trotzdem treffen die zum Verkauf stehenden Eigentumsobjekte nach wie vor auf eine hohe Nachfrage, was deren Preise weiter in die Höhe treibt.
Des Rätsels Lösung: Mit den Babyboomern erreicht die bisher reichste Generation der Schweizer Geschichte das Pensionsalter. Damit ist diese erfolgreiche Generation im Stande, ihren Nachkommen beim Eigenheimkauf mit Kapital unter die Arme zu greifen: Mit Erbvorbezügen versetzen sie die Sprösslinge in die Lage, die Konditionen für den Kauf des ausgewählten Eigenheims zu erfüllen.
«Erbvorbezug-Preis-Spirale»
Erbvorbezüge werden tatsächlich sehr häufig für den Kauf von Eigenheimen eingesetzt. Jüngere Eigenheimkäufer erhalten im Schnitt Erbvorbezüge, die über acht Prozent des Kaufpreises und über 42 Prozent des verlangten Eigenkapitals für den Kauf einer typischen Eigentumswohnung ausmachen.
Die Analyse von Raiffeisen zeigt: Man muss mit weiter steigenden Wohneigentumspreisen rechnen, weil auf dem Wohneigentumsmarkt eine kraftvolle «Erbvorbezug-Preis-Spirale» am Laufen ist.
Ein Umkehrschluss für potenzielle Wohneigentumsverkäufer: Wenn der von Raiffeisen beobachtete Zusammenhang wirklich stimmt und die Wohneigentumspreise weiter steigen, bedeutet das für Wohneigentümer, die ihr Wohneigentum gelegentlich verkaufen wollen: Es besteht kein Zugzwang. Man kann zuwarten und die Sache sorgfältig planen.