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ScheidungDas Bundesgericht hat in fünf wegweisenden Urteilen wichtige Fragen zum Unterhaltsrecht geklärt und teilweise die bisherige Praxis geändert. Zur Berechnung sämtlicher Arten von Unterhalt für Kinder oder Ehegatten ist künftig nur noch eine bestimmte Methode anzuwenden. Zudem nimmt das Bundesgericht eine Praxisänderung bei der Frage vor, wann einem Ehegatten nach der Trennung oder Scheidung die Aufnahme einer Erwerbstätigkeitzuzumuten ist und in welchen Fällen von einer lebensprägenden Ehe auszugehen ist.

Fünf wegweisende Grundsatzurteile
Die Pflicht zum Unterhalt besteht für Eltern gegenüber ihren gemeinsamen Kindern und bei der Trennung oder Scheidung allenfalls für einen Ehegatten gegenüber seinem Ehepartner. Das Bundesgericht hat dazu in den folgenden fünf Grundsatzurteilen seit vergangenem November wichtige Fragen geklärt und mehrere Praxisänderungen eingeleitet: 5A_907/2018, 5A_311/2019, 5A_891/2018, 5A_104/2018, 5A_800/2019.

Schweizweit einheitliche Berechnung aller Arten des Unterhalts
Bislang überliess das Bundesgericht die Wahl der Berechnung aller Arten des Unterhalts den kantonalen Gerichten. Künftig ist die Höhe aller Unterhaltsleistungen in der gesamten Schweiz anhand der sogenannten zweistufigen Methode mit Überschussverteilung zu berechnen. Das betrifft den Barunterhalt des Kindes inklusive den Betreuungsunterhalt, den ehelichen Unterhalt und den Scheidungsunterhalt.
Bei der zweistufigen Methode mit Überschussverteilung wird zunächst das Gesamteinkommen der Eltern beziehungsweise der Ehegatten und gegebenenfalls auch der Kinder ermittelt. Anschliessend wird der Bedarf von allen Betroffenen festgelegt. Soweit die vorhandenen Mittel die familienrechtlichen Existenzminima übersteigen, ist der Überschuss nach der konkreten Situation ermessensweise zu verteilen. Bei ungenügenden Mitteln kommt an erster Stelle der Barunterhalt für die minderjährigen Kinder, anschliessend der Betreuungsunterhalt, sodann ein allfälliger ehelicher oder nachehelicher Unterhaltsanspruch eines Ehegatten und zuletzt der Unterhalt für volljährige Kinder zum Zug.

Geldunterhalt und Naturalunterhalt in Form der Betreuungsleistung sind gleichwertig
Das Bundesgericht befolgt künftig stets den Grundsatz, wonach der Geldunterhalt und der Naturalunterhalt in Form der Betreuungsleistung gleichwertig sind. Somit gilt: Derjenige Ehegatte, welcher seinen Beitrag durch die Betreuung des Kindes leistet, muss grundsätzlich nicht auch noch für dessen Kosten aufzukommen. Von diesem Grundsatz kann allerdings ermessensweise ganz oder teilweise abgewichen werden, wenn der betreuende Elternteil finanziell deutlich besser gestellt ist als der andere Elternteil.

Aufgabe der «45er-Regel» im Scheidungsrecht: Erwerbstätigkeit fortan stets zumutbar
Das Bundesgericht hat überdies verschiedene Grundsätze des Scheidungsrechts präzisiert. Zum einen hat es die sogenannte "45er-Regel" aufgegeben. Diese besagte, dass einem Ehegatten die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht mehr zuzumuten ist, wenn er während der Ehe nicht berufstätig war und im Zeitpunkt der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts beziehungsweise bei der Scheidung das 45. Altersjahr bereits erreicht hatte. Neu ist stets von der Zumutbarkeit einer Erwerbsarbeit auszugehen, soweit eine solche Möglichkeit tatsächlich besteht und keine Hinderungsgründe vorliegen wie namentlich die Betreuung kleiner Kinder. Massgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles und damit unter anderem Kriterien wie das Alter, die Gesundheit, bisherige Tätigkeiten, persönliche Flexibilität oder die Lage auf dem Arbeitsmarkt.

Neue Definition der «lebensprägenden Ehe»: Scheidungsrente ist angemessen zu befristen
Zum anderen hat das Bundesgericht den Begriff der lebensprägenden Ehe weiterentwickelt, welche im Scheidungsfall einen Anspruch auf Beibehaltung des bisherigen ehelichen Lebensstandards gibt. Bislang wurde eine lebensprägende Ehe bereits nach einer Dauer von zehn Jahren angenommen oder – unabhängig davon – bei einem gemeinsamen Kind. Mit dieser starren Lösung ging der unerwünschte Kippeffekt einher, dass entweder von einer nur ganz kurzen Unterhaltsrente bei einer nicht lebensprägenden Ehe oder aber bei einer lebensprägenden Ehe von einer prinzipiell dauerhaften Fortführung der ehelichen Lebenshaltung ausgegangen wurde.
Neu ist eine individuelle Prüfung erforderlich, ob die konkrete Ehe das Leben der Ehegatten entscheidend geprägt hat. Im Fall der Bejahung ist die Dauer der Scheidungsrente vor dem Hintergrund der konkreten Umstände des Einzelfalles zeitlich angemessen zu befristen.
Nach der neuen Definition ist eine Ehe dann lebensprägend, wenn ein Ehegatte seine ökonomische Selbständigkeit zugunsten der Haushaltsbesorgung und Kinderbetreuung aufgegeben hat und es ihm deshalb nach langjähriger Ehe nicht mehr möglich ist, an seiner früheren beruflichen Stellung anzuknüpfen, während der andere Ehegatte sich angesichts der ehelichen Aufgabenteilung auf sein berufliches Fortkommen konzentrieren konnte.

 

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