Frage von Dr. L. S. in Z.: «Als selbständiger Arzt will ich mich in diesem Jahr 2021 mit 65 Jahren pensionieren lassen. Meine Ehefrau, die derzeit in meiner Praxis arbeitet, ist dann allerdings erst 57 Jahre alt. Wir wollen gemeinsam den Ruhestand geniessen, weshalb die Ehefrau keine bezahlte Stelle mehr anstrebt. Jetzt habe ich festgestellt, dass wir für meine nichterwerbstätige Ehefrau bis zu ihrem ordentlichen Pensionsalter erhebliche ‘AHV-Beiträge für Nichterwerbstätige’ aufgrund unseres Vermögens und Renteneinkommens zahlen müssen. Das scheint mir doch etwas ‘krass’ zu sein, da wir in sehr guten Verhältnissen leben. Gibt es da nicht Ausweichlösungen zwecks Einsparung von AHV-Beiträgen, wie eine ‘fiktive’ Kleinanstellung, Meldung meiner Ehefrau als Arbeitslose beim zuständigen Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum RAV oder die jüngst beschlossene Überbrückungsrente?» Lesen Sie unsere Originalantwort an Dr. L. S.
Lieber Herr Dr. L. S.
Die Beiträge der Nichterwerbstätigen für AHV/IV sind im Merkblatt «Beiträge der Nichterwerbstätigen an die AHV, die IV und die EO» geregelt. Demnach fallen nichterwerbstätige Ehefrauen und Ehemänner von Pensionierten, die nicht im AHV-Rentenalter sind, unter die Kategorie der Nichterwerbstätigen. Die Höhe der Beiträge einer nichterwerbstätigen Ehefrau, die das Pensionsalter noch nicht erreicht hat und deren Ehemann pensioniert ist, berechnet sich wie folgt:
«Als Grundlagen für die Berechnung der Beiträge an die AHV, die IV und die EO dienen das Vermögen und das 20-fache jährliche Renteneinkommen. Bei Verheirateten bemessen sich die Beiträge für jeden Ehegatten, ungeachtet des Güterstands, auf der Hälfte des ehelichen Vermögens und Renteneinkommens. Die Höhe der Beiträge wird unter Berücksichtigung der Veranlagung der kantonalen Steuerbehörden festgesetzt. Es ist nicht möglich, freiwillig höhere Beiträge zu zahlen. Die Berechnung basiert auf dem aktuellen Renteneinkommen und dem Vermögen des Beitragsjahres. Massgebend ist jeweils das Vermögen am 31. Dezember des Beitragsjahres, beispielsweise der 31. Dezember 2020 für das Beitragsjahr 2020.»
Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach dieser Tabelle:
Zur Illustration der Anwendung dieser Tabelle wird das folgende Beispiel geliefert:
Ein Ehemann hat das 65. Altersjahr vollendet und ist in Pension. Seine Ehefrau ist 60 Jahre alt und nichterwerbstätig. Das Vermögen des Ehepaars beträgt 300’000 Franken. Dazu kommen die AHV-Altersrente von 27’612 Franken und die Pensionskassenrente des Ehemannes von 45’000 Franken im Jahr. Der Ehemann ist aufgrund seines Alters nicht mehr beitragspflichtig, seine Ehefrau hingegen hat das ordentliche Rentenalter noch nicht erreicht und muss Beiträge als Nichterwerbstätiger bezahlen. Diese Beiträge basieren auf der Hälfte des Vermögens und des Renteneinkommens des Ehepaars:
AHV-Renteneinkommen (27’612 Franken x 20) | CHF 552’240.– |
Renteneinkommen (45’000 Franken × 20) | CHF 900’000.– |
Vermögen | CHF 300’000.– |
CHF 1'752’240.– | |
davon die Hälfte | CHF 876’120.– |
Jahresbeitrag gemäss Beitragstabelle | CHF 1’696.– |
+ Verwaltungskostenbeiträge |
Aus Ihrer Anfrage verstehen wir, dass Sie diese gesetzlich Beitragspflicht Ihrer dann nicht mehr erwerbstätigen Frau als «krass» empfinden und Sie diese Beitragspflicht deshalb umgehen möchten. Sie fassen verschiedene Umgehungsstrategien ins Auge:
- «Fiktive» Kleinanstellung: Alles was «fiktiv» ist, tönt nach Sozialversicherungsbetrug mit Umgehungsabsicht einer gesetzlichen Sozialversicherungsbeitragspflicht. Die Behörden kennen wohl solche Spielchen und bei Aufdeckung kann es ungemütlich werden. Wir raten davon ab.
- Meldung als Arbeitslose beim zuständigen Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum RAV um AHV-beitragspflichte Arbeitslosengelder zu beziehen: Beim RAV kann sich nur melden, wer ernsthaft Arbeit sucht und wer bereit ist, auch ausserhalb des bisherigen Berufs ein vermittelte zumutbare Arbeit anzunehmen. Ausserdem gerät der Arbeitssuchende dann in die bürokratische RAV-Mühle: Man muss an arbeitsmarktlichen Massnahmen teilnehmen sowie den Kontrollvorschriften und Weisungen des RAV Folge leisten. Die Teilnahme an Beratungs- und Kontrollgesprächen im RAV ist obligatorisch. Will das Ihre Ehefrau, weil Ihr als Ehepaar die gesetzliche Sozialversicherungsbeitragspflicht ohne Not umgehen wollt?
- Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose: Mit dem neuen Gesetz, das voraussichtlich in der zweiten Hälfte 2021 in Kraft tritt, sollen Personen, die nach dem 60. Altersjahr von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert werden, bis zum Bezug einer Altersrente Überbrückungsleistungen ÜL erhalten, wenn sie vorher genügend lang in der Schweiz erwerbstätig waren und nur wenig Vermögen besitzen. Mithin müsste Ihre Ehefrau für den Bezug dieser Sozialleistung von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert sein und Sie dürften als Ehepaar nur über ein Vermögen verfügen, das weniger als 100'000 Franken beträgt. Kommt mithin wohl für Sie nicht in Frage.
Unser Rat: Entledigen Sie sich wie alle ehrlichen Bürgerinnen und Bürger der von unserem Rechts- und Sozialstaat festgelegten AHV-Betragspflicht, wie es für Ihre Situation vom Gesetz vorgesehen ist.