Frage von Dr. med. K. A. in G.: «Ich arbeite als angestellter Arzt in leitender Funktion in einer grösseren ambulanten ärztlichen Institution. Ich habe bei meiner Anstellung in einem beidseitig unterschreiben schriftlichen Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von drei Monaten ausgehandelt. Dies darum, weil ich allenfalls in absehbarer Zeit einige Zeit im Ausland arbeiten will und deshalb ein kürzere Kündigungsfrist wünsche. Jetzt hat mein Arbeitgeber in einem neuen Arbeitsreglement für meine Funktionsstufe eine sechsmonatige Kündigungsfrist eingeführt. Gilt dieses Reglement auch automatisch für meinen schriftlichen Arbeitsvertrag?
Vertragliche Abmachungen sind einzuhalten
In vielen schriftlichen und beidseitig unterschriebenen Arbeitsverträgen namentlich von spezialisierten Fachleuten oder Führungskräften gibt es beidseitig festgehaltene Abmachungen, die vom Arbeitsreglement des Arbeitgebenden abweichen. Diese vertraglichen Abmachungen gehen mithin dem Arbeitsreglement des Arbeitgebenden vor und sind einzuhalten: Die schriftlichen Abmachungen gelten deshalb auch dann weiter, wenn sich das Arbeitsreglement ändert.
Abänderung der schriftlichen Abmachungen im gegenseitigen Einvernehmen
Die im schriftlichen Arbeitsvertrag beidseitig unterschriebenen Abmachungen können im gegenseitigen Einvernehmen jederzeit abgeändert werden. So kann die Kündigungsfrist im Rahmen einer beidseitig unterschriebenen schriftlichen Abmachung von drei auf sechs Monaten erweitert werden. Der Arbeitgebende kann das aber nicht einseitig, beispielsweise durch eine Änderung des Arbeitsreglements, erzwingen.
Änderungskündigung des Arbeitgebenden
Wenn der Arbeitgebende eine Abmachung im bestehenden Arbeitsvertrag unbedingt ändern und mit der neuen Abmachung weiter mit dem Arbeitnehmenden zusammenarbeiten will, kann er eine Änderungskündigung aussprechen. Das ist eine bedingte Kündigung mit der bestehenden Kündigungsfrist bei der gleichzeitig eine neue Vertragsofferte angeboten wird, bei deren Annahme das Arbeitsverhältnis ununterbrochen fortgesetzt wird.
Auf diese Weise könnte ein Arbeitgebender die Erweiterung der Kündigungsfrist von drei auf sechs Monaten zu erzwingen versuchen. Wird das Angebot vom Arbeitnehmenden nicht angenommen, handelt es sich um eine ordentliche Kündigung.»