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Selbstaendig Juni 18Das schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am 6. Juni 2018 über die Frage, ob eine Medizinalperson selbständig oder unselbständig ist: Wer lediglich Räumlichkeiten und Infrastruktur einer Praxisumgebung nutzt, aber auf eigene Rechnung arbeitet, führt nicht automatisch eine selbständige Tätigkeit aus. Zu diesem Schluss kommt das Bundesgericht im Urteil 9C_308/2017. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Beitragspflicht gegenüber den Sozialversicherungen.

Es geht um einen Psychotherapeutin
Es geht um eine Psychotherapeutin, die 2014 bei der Ausgleichskasse des Kantons Zürich um Eintragung ins Register der selbständigen Beitragspflichtigen ersuchte. Sie arbeitet zu rund 30 Prozent in einer «bestens ausgerüsteten» Psychotherapiepraxis. Das Sozialversicherungsrecht unterscheidet zwischen selbständiger und unselbständiger Tätigkeit: Liegt ein Angestelltenverhältnis vor, bezahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber paritätisch Sozialabgaben. Bei selbständiger Tätigkeit hingegen bezahlt nur der Selbständigerwerbende.

Sozialversicherungsgericht bejaht die Selbständigkeit
Gerade dort, wo Erwerbstätige von einer gewissen Infrastruktur profitieren, aber auf eigene Rechnung arbeiten, kommt es regelmässig zu Abgrenzungsfragen. Das Gesuch der Psychotherapeutin lehnte die Ausgleichskasse ab: Die Versicherte sei als Unselbständigerwerbende zu qualifizieren. Das Institut, bei dem die Psychotherapeutin arbeitet, gelangte daraufhin an das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich, das zugunsten des Instituts entschied und die Tätigkeit der Psychotherapeutin als selbständig einstufte.

Beschwerde ans Bundesgericht
Die Ausgleichskasse führte schliesslich Beschwerde ans Bundesgericht. Die Obersten Richter halten zunächst fest, dass sich die Frage, ob im Einzelfall eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit vorliege, nicht aufgrund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien beantworten lasse. Entscheidend seien vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten.

Das unternehmerische Risiko fehlt
Darum geht es: Eine Vereinbarung zwischen dem Institut und der Psychotherapeutin gestatte der Psychotherapeutin nicht nur die Benutzung von Therapieräumen. Sie lasse sie vielmehr auch an der gemeinsamen Infrastruktur teilnehmen. Die Psychotherapeutin darf also Sekretariat, Bibliothek, Informationstechnologie, Wartezimmer oder sanitäre Anlagen mitbenutzen. Zwar müsse sie für die Benutzung einen Beitrag entrichten. Von erheblichen Investitionen oder einem grösseren Verlustrisiko, das sind spezifische Merkmale für eine Unternehmerin, könne jedoch keine Rede sein.

Die praxisbenutzende Psychotherapeutin arbeitet nicht selbständig!
Ferner sei sie auf der Instituts-Homepage als Mitglied des klinischen Teams aufgeführt. Sie müsse überdies den vom Institut hochgehaltenen Qualitätsanforderungen entsprechen und sei somit dazu verpflichtet, neue Angebote für Patientinnen und Patienten zu entwickeln. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung gelangten die Bundesrichter daher zum Schluss, dass in einem solchen Fall die Argumente für eine unselbständige Tätigkeit überwiegen. Die praxisbenutzende Psychotherapeutin arbeitet somit nicht selbständig. Die Sozialabgaben sind mithin vom Praxiseigentümer und der Psychotherapeutin paritätisch zu entrichten.



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