Anfrage von Frau Dr. med. K. A. in Z.: «Eine Praxismitarbeitende hat eine Frühgeburt. Das neugeborene Kind bleibt voraussichtlich noch einen Monat im Spital. Gibt es da eine längere Mutterschaftsentschädigung oder muss der Arbeitgeber den Lohn zwischenzeitlich fortzahlen? Und: Ich habe gehört, die Mutterschaftsentschädigung soll verlängert werden. Stimmt das?»
Das sagt das Erwerbsersatzgesetz EOG
Im Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft, dem sogenannten Erwerbsersatzgesetz EOG, steht in Artikel 16c über den Beginn des Anspruchs auf Mutterschaftsentschädigung: «Der Entschädigungsanspruch entsteht am Tag der Niederkunft. Bei längerem Spitalaufenthalt des neu geborenen Kindes kann die Mutter beantragen, dass die Mutterschaftsentschädigung erst ausgerichtet wird, wenn das Kind nach Hause kommt.»
Lohnlücke während des Spitalaufenthalts des Neugeborenen
Laut dem Arbeitsgesetz darf eine Mutter während acht Wochen nach der Niederkunft nicht beruflich arbeiten. Bei einem Aufschub der Mutterschaftsentschädigung und ohne Lohnfortzahlung des Arbeitgebers entsteht daher während des Spitalaufenthalts des Neugeborenen eine Lohnlücke. Das beeinträchtigt aus finanziellen Gründen die freie Wahl der betroffenen Mütter, von dem gesetzlich zugelassenen Aufschub der Mutterschaftsentschädigung Gebrauch zu machen.
Bundesgericht entscheidet: Betroffene Mütter haben vollen Anspruch auf Lohnfortzahlung
In einem Streitfall, der bis vors Bundesgericht gelangte, entscheidet das Bundesgericht: Mütter, die vom gesetzlichen Recht Gebrauch machen, die Mutterschaftsentschädigung wegen eines Spitalaufenthalts des Neugeborenen bis zur Heimkehr des Kindes aufzuschieben, haben während der Aufschubzeit vollen Anspruch auf die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers (Bundesgerichtsentscheid 8C_90/2016).
Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung ist geplant
Eine Änderung des Gesetzes über die Erwerbsersatzordnung war bis Mitte Juni 2018 in der Vernehmlassung. Damit soll einem Parlamentsauftrag entsprechend eine Mutter länger Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung haben, wenn ihr Neugeborenes mehr als drei Wochen nach der Geburt im Spital bleiben muss. Die Dauer des Anspruchs auf die Mutterschaftsentschädigung soll um höchstens 56 Tage, nämlich von 98 auf maximal 154 Tage, verlängert werden, wenn ein Neugeborenes direkt nach der Geburt mehr als drei Wochen im Spital bleiben muss. Auf die Verlängerung haben nur Mütter Anspruch, die nach dem Mutterschaftsurlaub wieder erwerbstätig sind. Mit bis zu 56 Tagen zusätzlichem Anspruch wird der Erwerbsausfall durch die Betreuung des Kindes im Spital in ungefähr 80 Prozent aller Fälle kompensiert. Auch die acht Wochen Arbeitsverbot nach der Geburt sind damit abgedeckt. Der in den angesprochenen Fällen faktisch verlängerte Mutterschaftsurlaub und ein verlängerter Kündigungsschutz werden mit einer Anpassung des Obligationenrechts berücksichtigt.
Wie geht es weiter?
Der Bundesrat muss nun die Vernehmung auswerten und eine Botschaft mit der neuen Gesetzesregelung an das Parlament senden. Diese muss dann die Vorlage beschliessen. Das dauert noch viele Monate. Bis zum Inkrafttreten der neuen Regelung gilt das bisherige Gesetz.