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Depression Maerz 18Zuschrift von Frau Dr. A. G. in B.: «Sie schrieben vor einiger Zeit, das für somatoforme Schmerzstörungen entwickelte strukturierte Beweisverfahren zur Feststellung der tatsächlichen Arbeits- und Leistungsfähigkeit einer Person finde im Hinblick auf die Zusprechung einer Invalidenrente künftig auf sämtliche psychischen Erkrankungen Anwendung - somit auch für leichte und mittelschwere Depressionen. Sagen Sie mir bitte, was das ‘strukturierte Beweisverfahren’ ist.»

Praxisänderung des Bundesgerichts
Vor der jüngsten Änderung der Bundesgerichtspraxis in zwei neuen Entscheiden vom 30. November 2017 (8C_841/2016, 8C_130/2017) kam den leicht- bis mittelgradigen depressiven Störungen nur dann invalidisierende Wirkung zu, wenn eine konsequente Depressionstherapie befolgt worden, jedoch gescheitert war. Die Therapieresistenz musste überwiegend wahrscheinlich und nicht lediglich nicht auszuschliessen sein. Neu gilt jetzt: Auch bei leicht- bis mittelgradigen depressiven Störungen ist - wie bei jeder geltend gemachten gesundheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit – im Hinblick auf die Zusprechung einer Invalidenrente einzig danach zu fragen, ob und wie sich die Krankheit leistungslimitierend auswirkt. Das erfolgt mit dem strukturierten Beweisverfahren.

Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit
Das strukturierte Beweisverfahren wurde im Zuge der Aufgabe der Überwindbarkeitspraxis im Zusammenhang mit somatoformen Schmerzstörungen und ähnlichen Leiden entwickelt. Es beinhaltet die Prüfung der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung von leistungshindernden äusseren Belastungsfaktoren einerseits und Kompensationsmöglichkeiten beziehungsweise Ressourcen andererseits. Die Prüfung der Auswirkungen des psychischen Leidens erfolgt unter dem Blickwinkel des funktionellen Schweregrads des Leidens sowie unter dem Aspekt des Verhaltens, das die betroffene Person zeigt.

Funktioneller Schweregrad des Leidens und Verhaltensanalyse
Im Rahmen der Prüfung des funktionellen Schweregrads hat sich die Arztperson zu drei Themenkomplexen zu äussern:

  • zur Gesundheitsschädigung, namentlich deren Ausprägung sowie den bisherigen Behandlungs- und Eingliederungserfolgen und den Begleiterkrankungen
  • zur Persönlichkeit, namentlich der Persönlichkeitsstruktur und den persönlichen Ressourcen
  • zum sozialen Umfeld, namentlich den Ressourcen des Lebenskontexts und des Netzwerks

Im Rahmen der Prüfung des konsistenten Verhaltens geht es namentlich darum festzustellen, in welchen Lebensbereichen sich die Einschränkung zeigt und ob von therapeutischen und eingliederungsmässigen Optionen Gebrauch gemacht worden ist (Bundesgerichtsentscheid 141 V 281).



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