Seit 2013 können erwachsene Personen für den Fall einer Urteilsunfähigkeit rechtlich vorsorgen. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Pro Senectute Schweiz zeigt: Die Bevölkerung nutzt diese Möglichkeit der Selbstbestimmung kaum. Nur jeder Fünfte hat eine Patientenverfügung ausgefüllt und gar nur jeder Zehnte hat einen Vorsorgeauftrag erstellt.
Auch Ältere müssen stark zulegen
Die repräsentative Umfrage zeigt: Nur 22 Prozent der erwachsenen Schweizerinnen und Schweizer haben eine Patientenverfügung ausgefüllt und sogar nur 12 Prozent haben einen Vorsorgeauftrag erstellt. Bei älteren Menschen liegen die Anteile erwartungsgemäss höher. Bei Personen im Alter von über 65 Jahren verfügt mit 47 Prozent fast die Hälfte über eine Patientenverfügung. Beim Vorsorgeauftrag ist der Anteil mit 21 Prozent jedoch viel kleiner. Auch Ältere müssen somit stark zulegen in diesem Bereich. Auffallend sind auch die Unterschiede zwischen den Sprachregionen. Beide Vorsorgeinstrumente sind im Tessin und in der Westschweiz deutlich weniger bekannt und werden von weniger Menschen genutzt als in der Deutschschweiz.
«Es braucht mehr Aufklärung»
«Viele Personen kennen die Selbstbestimmungsmöglichkeiten im neuen Erwachsenenschutzrecht nicht», sagt Werner Schärer, Direktor von Pro Senectute Schweiz, und ergänzt: «Mit einem Vorsorgeauftrag beispielsweise kann jede erwachsene Person selber entscheiden, wer im Falle ihrer unfall- oder krankheitsbedingten Urteilsunfähigkeit im Alltag für sie sorgt, ihre Finanzen regelt und sie in rechtlichen Angelegenheiten vertritt. Es braucht unbedingt mehr Aufklärung und Sensibilisierung; so können alle entlastet werden, Angehörige wie Behörden.»
Das ist der Vorsorgeauftrag
Mit einem Vorsorgeauftrag kann man eine vertraute natürliche oder juristische Person damit beauftragen, einen im Fall der Urteilsunfähigkeit in persönlichen und finanziellen Angelegenheiten sowie im Rechtsverkehr zu vertreten (Zivilgesetzbuch Artikel 360 ff). Der Auftrag kann sich allenfalls auf Teilbereiche wie beispielsweise die Bankgeschäfte beschränken. Deshalb ist es wichtig, die Aufgaben genau zu umschreiben und allenfalls im Vorfeld mit dem Beauftragten zu besprechen. Zumal es möglich ist, auch die Zustimmung oder die Verweigerung einer medizinischen Massnahme einzubinden. In diesem Fall handelt es sich um eine Kombination von Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung.
Eigenhändig oder öffentlich beurkunden
Der Vorsorgeauftrag ist eigenhändig zu errichten oder durch den Notar öffentlich zu beurkunden. Bei Eigenhändigkeit muss der Vorsorgeauftrag wie ein Testament von Anfang bis Ende vom Auftraggeber in der Handschrift niedergeschrieben, datiert und unterzeichnet werden. Auf Antrag trägt das Zivilstandsamt das Vorhandensein eines Vorsorgeauftrags sowie dessen Hinterlegungsort in das schweizerische Personenstandsregister „Infostar“ ein. Dieser Eintrag ist zu empfehlen: Bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit erhält dann die zuständige Behörde mit ein paar Klicks Kenntnis von der Existenz des hinterlegten Dokuments.
Es gibt Vorlagen
Gute Vorlagen für die Form und den Wortlaut des Vorsorgeauftrags und der Patientenverfügung können im Internet bei Pro Senectute erworben werden. Solange man urteilsfähig ist, lässt sich ein niedergeschriebener oder öffentlich beurkundeter Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen.