Frage von Frau Dr. A. M. in B.: «Meine 75-jährige Mutter will mir eine Generalvollmacht erteilen, damit ich alles erledigen kann. In Hinblick auf die Formulierung tauchte bei mir die Frage auf: Welche Rolle haben eigentlich die Generalvollmacht und der Vorsorgeauftrag bei alternden Menschen und der damit verbundenen Demenzgefahr?»
Das ist die Generalvollmacht
Mit einer Generalvollmacht ermächtig eine voll urteilfähige Person die generalbevollmächtigte Person, sie in allen Angelegenheiten rechtsgültig zu vertreten und sie in gleicher Weise zu verpflichten, wie wenn sie selbst gehandelt hätte. Der oder die Generalbevollmächtige ist mithin berechtigt, im Namen des Vollmachtgebers alle Arten von Rechtsgeschäften vorzunehmen. Wie eine ausführliche Generalvollmacht formuliert werden kann, findet man hier.
Die Vollmacht kann von der urteilsfähigen Person jederzeit abgeändert oder wiederrufen werden. Die schriftliche und ordentlich unterschriebene Generalvollmacht ist gemäss Schweizer Recht gültig. Es ist jedoch ratsam, die Generalvollmacht vom Notar öffentlich beurkunden oder die Unterschrift zumindest beglaubigen zu lassen.
Die Generalvollmacht erlischt grundsätzlich mit dem Verlust der Handlungsfähigkeit des Vollmachtgebers, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wurde. Der Vollmachtgeber kann überdies auch bestimmen, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gültig bleibt – was dann laut Gesetz nur die Geschäfte im Grundbuchverkehr ausschliesst.
Achtung: In der Schweiz gibt es Banken, die diese Arten von Generalvollmachten nicht akzeptieren. Die Banken verlangen, dass man Formulare der jeweiligen Bank benutzt, die sich nur auf bestimmte Bankbeziehungen beschränken. Sie begründen dies damit, dass diese Bankvollmachten bei Ihnen hinterlegt werden und somit Sicherheit darüber besteht, ob sie noch Geltung haben oder bereits zurückgezogen worden sind. Werden selbst erstellte Generalvollmachten vorgelegt, verweigern diese Banken ihre Tätigkeit gegenüber der bevollmächtigten Person.
Das ist der Vorsorgeauftrag
Mit einem Vorsorgeauftrag kann man eine vertraute natürliche oder juristische Person damit beauftragen, einen im Fall der Urteilsunfähigkeit in persönlichen und finanziellen Angelegenheiten sowie im Rechtsverkehr zu vertreten (Zivilgesetzbuch Artikel 360 ff). Der Auftrag kann sich allenfalls auf Teilbereiche wie beispielsweise die Bankgeschäfte beschränken. Deshalb ist es wichtig, die Aufgaben genau zu umschreiben und allenfalls im Vorfeld mit dem Beauftragten zu besprechen. Zumal es möglich ist, auch die Zustimmung oder die Verweigerung einer medizinischen Massnahme einzubinden. In diesem Fall handelt es sich um eine Kombination von Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung.
Der Vorsorgeauftrag ist eigenhändig zu errichten oder durch den Notar öffentlich zu beurkunden. Bei Eigenhändigkeit muss der Vorsorgeauftrag wie ein Testament von Anfang bis Ende vom Auftraggeber in der Handschrift niedergeschrieben, datiert und unterzeichnet werden. Auf Antrag trägt das Zivilstandsamt das Vorhandensein eines Vorsorgeauftrags sowie dessen Hinterlegungsort in das schweizerische Personenstandsregister „Infostar“ ein. Dieser Eintrag ist zu empfehlen: Bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit erhält dann die zuständige Behörde mit ein paar Klicks Kenntnis von der Existenz des hinterlegten Dokuments.
Eine gute Vorlage für die Form und den Wortlaut des Vorsorgeauftrags und auch der Patientenverfügung kann im Internet bei Pro Senectute erworben werden. Solange man urteilsfähig ist, lässt sich ein niedergeschriebener oder öffentlich beurkundeter Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen.
Eintritt der Urteilsunfähigkeit
Bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit prüft die Kindes- und Erwachsenschutzbehörde (KESB), ob die Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vorsorgeauftrages eingetreten sind. Das ist dann gegeben, wenn der Vorsorgeauftrag gültig errichtet worden ist, der Auftraggeber seine Urteilsfähigkeit wirklich verloren hat, der Vorsorgebeauftragte für die Aufgabe geeignet erscheint und keine weiteren Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind. Nimmt die beauftragte Person den Auftrag an, wird ihr eine Urkunde ausgestellt. Diese umschreibt die Befugnisse und legitimiert den Beauftragten gegenüber Dritten. Wenn der Auftraggeber seine Urteilsfähigkeit wiedererlangt, verliert der Vorsorgeauftrag automatisch seine Gültigkeit.
Im Hinblick auf die Vorsorge für alle denkbaren Entwicklungen im Bereich der Urteilsunfähigkeit ist es deshalb anzuraten, bei der betagten Mutter neben einer Generalvollmacht mit Weitergeltung über den Tod hinaus auch einen rechtsgültigen Vorsorgeauftrag zu errichten.