Frage von Frau Dr. J. S. in S.: «Ich bin verwitwet und erhalte sowohl aus der AHV wie auch aus der Pensionskasse des verstorbenen Ehemannes jeweils eine Witwenrente und dreimal eine Kinderrente. Überdies bin ich als selbständige Ärztin freiwillig in einer Pensionskasse und dann auch noch als angestellte Ärztin in einer Pensionskasse versichert. Bei meiner Pensionierung werden nur die Kinderrenten wegfallen. Kann in meiner Situation aus all diesen Rentenansprüchen beim Übergang in den Ruhestand eine gesetzliche Überentschädigung und eine damit verbundene Rentenkürzung entstehen?»
Gesetzliche Regelung der Überentschädigung
Im Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ist in Artikel 69 die Überentschädigung wie folgt geregelt:
- Das Zusammentreffen von Leistungen verschiedener Sozialversicherungen darf nicht zu einer Überentschädigung der berechtigten Person führen. Bei der Berechnung der Überentschädigung werden nur Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung berücksichtigt, die der anspruchsberechtigten Person auf Grund des schädigenden Ereignisses gewährt werden.
- Eine Überentschädigung liegt in dem Masse vor, als die gesetzlichen Sozialversicherungsleistungen den wegen des Versicherungsfalls mutmasslich entgangenen Verdienst zuzüglich der durch den Versicherungsfall verursachten Mehrkosten und allfälliger Einkommenseinbussen von Angehörigen übersteigen.
- Die Leistungen werden um den Betrag der Überentschädigung gekürzt. Von einer Kürzung ausgeschlossen sind die Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung und der Invalidenversicherung sowie alle Hilflosen- und Integritätsentschädigungen. Bei Kapitalleistungen wird der Rentenwert berücksichtigt.
Witwenrente der Pensionskasse ist ohne Wiederverheiratung lebenslänglich
Aufgrund dieser Gesetzesbestimmung kann bei der erwähnten Witwe gar keine Überentschädigung auftreten. Sie bekommt eine Witwenrente aus der Pensionskasse des verstorbenen Ehemanns. Der Anspruch auf diese Witwenrente erlischt gemäss Artikel 22 des Berufsvorsorgegesetzes «mit der Wiederverheiratung oder mit dem Tod der Witwe». Falls sie nicht wieder heiratet, wird diese Witwenrente somit bis ans Lebensende ausbezahlt. Die Witwenrente der AHV wird im ordentlichen AHV-Pensionsalter durch die Altersrente ersetzt.
AHV und IV von Überentschädigungsrechnung ausgeschlossen
Die AHV- und IV-Renten sind gesetzlich von jeder Überentschädigungsrechnung ausgeschlossen. Dazu erwirbt die Witwe derzeit Ansprüche an zwei Pensionskassen. Im Altersfall erhält sie dann von diesen zwei Pensionskassen auf jeden Fall die reglementarischen Altersleistungen. Sie könnte ja auch noch zusätzliche reglementarische Einkäufe tätigen. Fazit: Auch in diesem Bereich gibt es keine Überentschädigungsrechnung. Die Witwe kann mithin beim Übertritt in den Ruhestand alle erworbenen Rentenansprüche kumulieren.
Wann entsteht eine Überentschädigung?
Überentschädigungen entstehen bei Unfall, Krankheit oder Invalidität, wenn verschiedene Sozialversicherungen wie die Invalidenversicherung, Unfallversicherung und Pensionskasse zum Zuge kommen. Wenn dann 90 Prozent des mutmasslich entgangenen Verdienstes überstiegen werden, kann die Pensionskasse die Leistungen für die Risiken Unfall, Krankheit oder Invalidität kürzen – nicht aber die Invalidenversicherung.