Wir alle laufen Gefahr, wegen eines tragischen Unfalls oder einer heimtückischen Krankheit vorübergehend oder für immer die Urteilsfähigkeit zu verlieren. Wer dafür nicht vorsorgt, fällt bei einer nachgewiesenen Handlungsunfähigkeit unter die «Massnahmen von Gesetzes wegen für urteilsunfähige Personen» (Zivilgesetzbuch Artikel 374 ff). Dann mischt sich der Staat. Wer die staatliche Einmischung verhindern will, muss einen Vorsorgeauftrag hinterlegen.
Rolle des Ehepartners und Beistandschaft bei Konkubinatspaaren und Alleinstehenden
Bei einer nachgewiesenen Handlungsunfähigkeit erhält gemäss den «Massnahmen von Gesetzes wegen für urteilsunfähige Personen» (Zivilgesetzbuch Artikel 374 ff) der im gleichen Haushalt lebende Ehegatte oder eingetragene Partner ein gesetzliches Vertretungsrecht. Dieses umfasst alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhalts üblicherweise erforderlich sind, die ordentliche Verwaltung von Einkommen und Vermögen sowie die Erledigung der Post. Doch schon für nicht ganz alltägliche Handlungen wie beispielsweise die Verlängerung einer Hypothek reicht das gesetzliche Vertretungsrecht nicht mehr aus. Es braucht dafür die Zustimmung der Kindes- und Erwachsenschutzbehörde (KESB). Oder: Der Staat mischt sich ein.
Diese staatliche Einmischung wird umfassend, wenn es wie bei Konkubinatspaaren oder Alleinstehenden im Falle der vorübergehenden oder dauernden Handlungsunfähigkeit keinen Ehegatten oder eingetragenen Partner gibt. Dann errichtet die KESB von Amtes wegen eine Beistandschaft.
Behördliche Einmischung verhindern
Dank dem 2013 in Kraft getretenen Erwachsenenschutzrecht lässt sich die staatliche Einmischung minimieren. Mit einem Vorsorgeauftrag kann man eine vertraute natürliche oder juristische Person damit beauftragen, einen im Fall der Urteilsunfähigkeit in persönlichen und finanziellen Angelegenheiten sowie im Rechtsverkehr zu vertreten (Zivilgesetzbuch Artikel 360 ff). Der Auftrag kann sich allenfalls auf Teilbereiche wie beispielsweise die Bankgeschäfte beschränken. Deshalb ist es wichtig, die Aufgaben genau zu umschreiben und allenfalls im Vorfeld mit dem Beauftragten zu besprechen. Zumal es möglich ist, auch die Zustimmung oder die Verweigerung einer medizinischen Massnahme einzubinden. In diesem Fall handelt es sich um eine Kombination von Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung.
Eigenhändig oder öffentlich beurkundet
Der Vorsorgeauftrag ist eigenhändig zu errichten oder durch den Notar öffentlich zu beurkunden. Bei Eigenhändigkeit muss der Vorsorgeauftrag wie ein Testament von Anfang bis Ende vom Auftraggeber in der Handschrift niedergeschrieben, datiert und unterzeichnet werden. Auf Antrag trägt das Zivilstandsamt das Vorhandensein eines Vorsorgeauftrags sowie dessen Hinterlegungsort in das schweizerische Personenstandsregister „Infostar“ ein. Dieser Eintrag ist zu empfehlen: Bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit erhält dann die zuständige Behörde mit ein paar Klicks Kenntnis von der Existenz des hinterlegten Dokuments.
Eine gute Vorlage für die Form und den Wortlaut des Vorsorgeauftrags und auch der Patientenverfügung kann im Internet bei Pro Senectute erworben werden (www.prosenectute.ch). Wichtig: Solange man urteilsfähig ist, lässt sich ein niedergeschriebener oder öffentlich beurkundeter Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen.
Eintritt der Urteilsunfähigkeit
Bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit prüft die KESB, ob die Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vorsorgeauftrages eingetreten sind. Das ist dann gegeben, wenn der Vorsorgeauftrag gültig errichtet worden ist, der Auftraggeber seine Urteilsfähigkeit wirklich verloren hat, der Vorsorgebeauftragte für die Aufgabe geeignet erscheint und keine weiteren Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind. Nimmt die beauftragte Person den Auftrag an, wird ihr eine Urkunde ausgestellt. Diese umschreibt die Befugnisse und legitimiert den Beauftragten gegenüber Dritten. Wenn der Auftraggeber seine Urteilsfähigkeit wiedererlangt, verliert der Vorsorgeauftrag automatisch seine Gültigkeit.