Frage von Frau Dr. med. U. M. in B.: «Ich, selbständige Ärztin, miete meine Praxisräume gemäss Obligationenrecht Artikel 255, Absatz 2 mit einem befristeten Mietvertrag fest auf fünf Jahre. Jetzt frage ich mich, welches die Konsequenzen sind und was ich vorkehren muss, für die Risiken einer längeren Krankheit, einer Invalidität oder des Todesfalls.»
Krankheit mit vorübergehender Arbeitsunfähigkeit der Ärztin
Für das Risiko einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit der Ärztin muss eine bedarfsgerechte Taggeldversicherung abgeschlossen werden, damit neben den privaten Ausgaben auch alle Praxiskosten weiterhin getragen werden können: Löhne, Miete, Amortisationen und so weiter. Eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit der Ärztin ist kein ausserordentlicher Kündigungsgrund für das auf fünf Jahre befristete Mietverhältnis der Arztpraxis.
Invalidität der Ärztin
Wird die Ärztin als Vertragspartnerin des auf fünf Jahre befristeten Mietverhältnisses der Arztpraxis invalid, kann das zu einer ausserordentlichen Kündigung aus wichtigen Gründen des Mietverhältnisses führen. Diese ist in Artikel 266g des Obligationenrechts wie folgt festgelegt: «Aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzumutbar machen, können die Parteien das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen.» Für Geschäftsräume beläuft sich die gesetzliche Kündigungsfrist auf sechs Monate. Laut Gesetz muss ein wichtiger Grund beim Mietvertragsabschluss weder bekannt, noch voraussehbar gewesen und von der kündigenden Partei nicht verschuldet sowie so gravierend sein, dass der kündigenden Partei die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin objektiv nicht zumutbar ist. Allenfalls bestimmt der Richter die vermögensrechtlichen Folgen der vorzeitigen Kündigung unter Würdigung aller Umstände.
Wird die Ärztin als Vertragspartnerin des auf fünf Jahre befristeten Mietverhältnisses der Arztpraxis invalid, kann auch die Übertragung der Miete auf einen Dritten gemäss Artikel 263 des Obligationenrechts infrage kommen: Die Ärztin sucht sich einen Nachfolger und überträgt diesem im Einvernehmen mit dem Vermieter die Miete. Dazu wird dann mit dem Dritten ein Übernahmevertrag gemacht.
Eine weitere Möglichkeit ist die Untermiete der Räumlichkeiten der Arztpraxis an einen Dritten mit Zustimmung des Vermieters.
Schliesslich gibt es auch noch die vorzeitige Rückgabe des Mietobjekts ohne Einhaltung jeglicher Kündigungsfrist. Grundsätzlich haftet dann der Mieter für die Mietzinse bis zum Ende des Mietvertrags. Der Mieter wird von dieser Haftung befreit, wenn er dem Vermieter einen zumutbaren neuen Mieter vorschlägt, welcher zahlungsfähig und bereit ist, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.
Tod der Ärztin
Stirbt die Ärztin als Mieterin und hat sie den Mietvertrag als natürliche Person und nicht im Rahmen einer juristischen Person abgeschlossen, können die Erben, die Erbengemeinschaft oder der Willensvollstrecker das Mietverhältnis kündigen, und zwar unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist für Geschäftsräume von sechs Monaten. Wichtig: Der Tod des Mieters führt nicht automatisch zur Beendigung des Mietverhältnisses, wenn das im Mietvertrag nicht explizit so festgelegt ist.