Der freie Fall der chinesischen Akteinkurse und die jüngsten Kapriolen der Weltbörsen haben die Anlegergemeinde stark verunsichert. Doch mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich auch jetzt noch kaum um die grosse Börsentrendwende, sondern lediglich um zwischenzeitliche Kurskorrekturen. Panikverkäufe sind und bleiben kein guter Ratgeber.
Wenn China lahmt
Wenn das chinesische Wirtschaftswachstum lahmt, ruft das die chinesische Führung auf den Plan. Davon zeugen die dreischrittige Abwertung des Yuan sowie die Senkung der Leitzinsen und der Mindestreserven der chinesischen Banken. Als direkte Exportkonkurrenten werden damit auch die Schwellenländer rund um China zu Währungsmassnahmen gezwungen. Das verteuert in diesem riesigen Wirtschaftsraum die Importe und beeinträchtigt die dortigen Absatzchancen der globalen Hersteller von höherwertigen Gütern.
Rohstoffbaisse
Ein tieferes chinesisches Wirtschaftswachstum senkt überdies die Nachfrage nach Rohstoffen. Das drückt auf die Rohstoffpreise, zumal wie beispielsweise beim Erdöl kaum ein Anbieter die Produktion senken will. Die tieferen Rohstoffeinnahmen bringen die stark rohstoffabhängigen Staatshaushalte von vielen Ländern wie Russland, Brasilien, Nigeria oder Venezuela in Bedrängnis.
Alles in allem lässt sich folgern: Ein tieferes Wachstum des chinesischen Wirtschaftskolosses hat in der globalisierten Welt erhebliche Auswirkungen auf alle Regionen. Wie diese Auswirkungen genau aussehen werden, weiss aber derzeit noch niemand so genau.
USA und Schweiz
Dieses Unwissen über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft könnte auf die Geldpolitik der USA durchschlagen. Trotz den Fortschritten am Arbeitsmarkt und der recht flott laufenden Binnenkonjunktur ist es denkbar, dass die amerikanische Notenbank die erwartete Zinswende im September ein weiteres Mal hinausschiebt.
In der Schweiz trifft die von China ausgehende Unsicherheit nach der Aufhebung der Eurokursuntergrenze auf eine bereits heikle Konjunkturlage. Im ersten Halbjahr ist der Währungsschlag zwar erstaunlich gut aufgefangen worden. Aufgrund der jüngsten Zahlen könnte für das Gesamtjahr ein leichtes Wachstum herausschauen. Aber es besteht ein erhebliches Risiko: Allenfalls werden die Folgen der Frankenverteuerung gewürzt mit den chinesischen Wirren später als erwartet durchschlagen. Deshalb könnten namentlich vom Arbeitsmarkt noch unerfreuliche Nachrichten kommen.
Hohe Aktienkursschwankungen sind weiter wahrscheinlich
Der jüngste und der noch kommende Nachrichtenfluss über die chinesischen Schwierigkeiten treffen weltweit auf bereits stolz bewertete Aktienmärkte. Auf diesem hohen Niveau sind und bleiben die Kurse jederzeit korrekturanfällig. Zumal ein Grossteil der Anlegergemeinde verunsichert ist und rasch dazu neigt, aufgelaufene Gewinne ins Trockene zu bringen. Das alles sorgt weiter für hohe Kursschwankungen. Für die längerfristige Anlagestrategie ist jedoch mehr denn je die Antwort auf die Schlüsselfrage entscheidend: Erleben wir Korrekturen oder die Trendwende?
Die Antwort: Das Tiefzinsumfeld hält noch einige Zeit an, die Anlagealternativen zu Aktien sind rar und die Unternehmen können auf günstige Rohstoffe zugreifen. Somit handelt es sich auch jetzt noch kaum um die Trendwende, sondern um zwischenzeitliche Kurskorrekturen. Panikverkäufe sind kein guter Ratgeber. Vielmehr können Schwächephasen im Rahmen der Anlagestrategie und der eigenen Risikoneigung weiterhin selektiv ausgenutzt werden.