Der Mensch neigt dazu, aufgrund des Hier und Jetzt folgenreiche langfristige Entscheide zu treffen. Das kann fatal sein, wenn sich eine abnormale Gegenwart bald wieder normalisiert. Anlegerinnen und Anleger, die wegen der abnormal tiefen Zinsen höhere Anlagerisiken eingehen wollen, sollten sich dies gut überlegen. „Denn das gegenwärtige Tiefzinsumfeld sollte eine vorübergehende Erscheinung sein“, prognostiziert Nationalbankpräsident Thomas Jordan (Bild).
„Negativzinsen werden nicht zur neuen Normalität“
Nationalbankpräsident Thomas Jordan analysiert an der 107. Generalversammlung der Schweizerischen Nationalbank vom 24. April 2015 in Bern die derzeitige Tiefzinsperiode: Er sei sich bewusst, dass das heutige Tiefzinsumfeld für die Anlegerinnen und Anleger sehr anspruchsvoll sei. Die Auswahl an akzeptablen Investitionsmöglichkeiten ist eingeschränkt. Das gegenwärtige Tiefzinsumfeld sollte aber eine vorübergehende Erscheinung sein. Die Nationalbank gehe davon aus, dass sich die Wirtschaft weiter erholen und die Zinsen weltweit wieder ansteigen werden. Erste Anzeichen dafür seien in den USA zu erkennen. Wörtlich prognostiziert dann der oberste Schweizer Währungshüter: „Die Negativzinsen werden nicht zur neuen Normalität. Wenn sich die Weltwirtschaft weiter erholt und das Wachstum in der Eurozone wieder stärker anzieht, wird sich auch diese unbefriedigende Situation ändern.“
Erfreulich für Sparerinnen und Sparer: Zuwachs an Kaufkraft
Thomas Jordan unterstreicht dann einmal mehr die erfreuliche Botschaft für alle Sparerinnen und Sparer: „Bei aller Besorgnis über die Tiefst- und Negativzinsen sollte nicht vergessen werden, dass bei einer negativen Inflation die Realzinsen höher sind als die Nominalzinsen. Dies ist zurzeit in der Schweiz der Fall. Wenn die Inflation tiefer ist als der Nominalzins, resultiert am Ende trotzdem ein Zuwachs an Kaufkraft, selbst wenn eine Anlage keinen nominalen Ertrag erzielt.“
Alles in allem lässt sich aus der Lageanalyse des Nationalbankpräsidenten für normale Anlegerinnen und Anleger, die üblicherweise übermässigen Anlagerisiken eingehen, das Folgende ableiten: Man erfreue sich des Kaufkraftgewinns der Frankenliquidität, verzichte auf hochriskante Anlagen und warte ab, bis sich die Lage im Zinsbereich wieder normalisiert hat.