Die von der Nationalbankpräsident Thomas Jordan (Bild) am 15. Januar bekannt gegebene Frankenkursfreigabe und damit das Fallenlassen der Eurokursuntergrenze von 1.20 Franken stellt die Schweizer Wirtschaft vor grosse Herausforderungen. Obwohl es bereits erste Rezessionsprognosen gibt, ist die weitere Entwicklung derzeit noch vernebelt. Im neuen Umfeld wird das Geldanlegen für Frankenanleger ausserordentlich schwierig. Aber die Devise lautet: Ruhe bewahren und übereilte Entscheide meiden.
Wirkung auf Barbestände
Das gosse Schweizer Heer von Vorsichtigen und Risikoscheuen hat seit Langem einen Grossteil des freien Vermögens liquide auf Bankkonten. Für diese Geldbestände gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: Aufgrund des Nationalbankentscheids ist die Kaufkraft des Frankens im Ausland nochmals deutlich gestiegen und die Kaukrafterhaltung des Frankens mangels Inflation auf noch längere Zeit gesichert. Die schlechte Nachricht: Die von der Nationalbank auferlegten Negativzinsen drücken den Anlageertrag von Frankenguthaben nochmals nach unten. Nach Gebühren droht allenfalls sogar ein leicht negativer Nettoertrag.
Wirkung auf Aktien und Obligationen
Wegen der tieferen Gewinnerwartungen haben die Schweizer Aktienkurse deutlich korrigiert. Das Gleiche gilt für die in Franken denkenden Investoren für die Preise aller Anlagen in Fremdwährung – sofern das Währungsrisiko nicht abgesichert worden ist. Das ist zumeist wohl der Fall, weil der Glaube an die Aufrechterhaltung der Eurokursuntergrenze stark verankert war. Dieser Glaube war insofern berechtigt, weil der Schweizerfranken aufgrund der gängigen Kaukraftparitätsmodelle auch schon vor dem 15. Januar überbewertet war. Die kaufkraftmässige Frankenübewertung hat sich nun zusätzlich verstärkt.
Wegen der gefallenen Renditen der Frankenobligationen gibt es in diesem Bereich erhebliche Kurssteigerungen. Diese können aber in den überwiegenden Fällen die übrigen Verluste lediglich teilweise aufwiegen.
Blick in die Zukunft
Auf dem Devisenmarkt werden die Schwankungen des Frankenkurses voraussichtlich recht hoch bleiben. Die Nationalbank will gemäss ihren Verlautbarungen den Franken nach Kräften schwächen. Auf der andern Seite erschwert der Wertpapieraufkaufentscheid der Europäischen Zentralbank und das unberechnbare Gebaren der neuen griechischen Regierung eine Erstarkung des Euro.
Die Frankenzinsen bleiben unter Druck. Damit wird das Umfeld für Frankenobligationen noch herausfordernder. Positive Renditen werden wohl während einiger Zeit fast nur noch mittels Investitionen in deutlich längere Laufzeiten oder schlechtere Schuldnerqualitäten zu erreichen sein.
Der Schweizer Aktienmarkt befindet sich in einem Prozess der Neubewertung ohne Euromindestkurs. Heftige Kurseinbrüche sind kaum mehr zu erwarten. Aber die Kursschwankungen werden hoch bleiben. Nüchterne Einschätzung für Normalanger: Für Verkäufe ist es zu spät, für Zukäufe noch zu früh.
Eines ist sicher: Auch nach diesem historischen Schweizer Finanzmarktschock bleibt das A und O jeder langfristig ausgerichteten Anlagestrategie eine breite Risikoverteilung: Anlagen in verschiedene Anlagekategorien, Länder, Branchen und Währungen.