Das Kreisschreiben Nr. 40 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 11. März 2014 verschärft die Verrechnungssteuerpraxis. Der jetzt strenger interpretierte Wortlaut des Gesetzes bleibt unverändert: Wer mit der Verrechnungssteuer belastete Einkünfte entgegen der gesetzlichen Vorschrift der zuständigen Steuerbehörde nicht angibt, verwirkt gemäss Artikel 23 des Verrechnungssteuergesetzes den Anspruch auf deren Rückerstattung.
Zwei Kreisschreiben ersetzt
Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat bereits 1978 und 1988 Kreisschreiben zur Verrechnungssteuerpraxis herausgegeben. Diese Schreiben sind jetzt durch das Kreisschreiben Nr. 40 vom 11. März 2014 ersetzt worden (http://www.estv.admin.ch/bundessteuer/dokumentation/00242/00380/index.html?lang=de). Laut den neuen Vorschriften sind Einkünfte aus Wertschriften nur noch dann ordnungsgemäss deklariert, wenn die steuerpflichtige Person sie in der ersten Steuererklärung nach der Fälligkeit der steuerbaren Leistung aufführt. Ebenfalls als ordnungsgemäss ausgewiesen gelten Wertschrifteneinkünfte, wenn die Angaben darüber von der steuerpflichtigen Person nach der Einreichung der Steuererklärung aus eigenem Antrieb nachgereicht werden. Dies muss jedoch spätestens bis zum Eintritt der Rechtskraft der ordentlichen Veranlagung geschehen sein.
Verwirkung des Anspruchs auf Rückzahlung der Verrechnungssteuer
Mithin gilt: Wer verrechnungssteuerpflichtige Einkünfte in seiner Steuererklärung nicht aufführt, diese aber bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Veranlagung von sich aus nachträglich deklariert, behält den Anspruch auf die Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Entscheidend ist somit der eigene Antrieb des Steuerpflichtigen. Ein solcher ist nicht gegeben, wenn die nachträgliche Deklaration aufgrund einer Anfrage, einer Anordnung oder einer sonstigen Intervention der Steuerbehörden erfolgt. Gemäss dem neuen Kreisschreiben wird das nicht mehr als ordnungsgemässe Deklaration anerkannt. In diesen Fällen ist somit der Anspruch auf die Rückerstattung der Verrechnungssteuer verwirkt.
Rechnerische Korrekturen führen nicht zur Verwirkung
Rein rechnerische Korrekturen von bereits deklarierten Erträgen durch die Steuerbehörden führen grundsätzlich ebenfalls nicht zu einer Verwirkung des Rückerstattungsanspruchs. Solche Korrekturen und Ergänzungen durch die Steuerbehörden nach Rückfragen galten schon nach bisheriger Praxis als korrekte Deklaration, wenn die Berichtigungen und Ergänzungen vor der Rechtskraft der ordentlichen Veranlagung vorgenommen wurden. In allen Fällen dagegen, bei denen die Einkünfte vorsätzlich oder gar in Betrugsabsicht nicht vollständig deklariert werden, entfällt der Rückerstattungsanspruch seit jeher.
Strafsteuer ohne Prüfung der Schuldfrage
Insgesamt führt das neue Kreisschreiben Nr. 40 zu einer verschärften Praxis. Es droht eine doppelte Besteuerung von nicht spontan deklarierten Einkünften. Ohne Prüfung der Schuldfrage und ohne eigenes Strafverfahren ist damit eine faktische Strafsteuer möglich. Auch dies zeigt: Das Steuerklima in der Schweiz kühlt sich offenbar ab.