Frage von Dr. med. U. Z. in B.: „Bei der Pensionskasse PAT-BVG werden die Einlagen der Versicherten nur mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Minimalsatz von 1,5 Prozent verzinst. Bei den schweizerischen Pensionskassen wurde aber ein durchschnittlicher Kapitalertrag von rund sechs Prozent erwirtschaftet. Viele Pensionskassen verzinsen die Vorsorgeguthaben zwischen 2,5 bis 3,5 Prozent, zumal die überobligatorischen Guthaben. Weshalb bietet die PAT-BVG für 2013 nur eine 1,5-Prozent-Verzinsung der Vorsorgeguthaben?“
Antwort: Die PAT-BVG ist eine umhüllende Pensionskasse, die ohne Kapitalgarantie den obligatorischen und den überobligatorischen Lohn der Versicherten versichert. Solche Pensionskassen sind bei den historisch immer wieder eintreffenden Crashs oder nachhaltig schlechten Entwicklungen auf den Finanzmärkten einem Risiko der Unterdeckung ausgesetzt. Trifft das ein, muss die untergedeckte Pensionskasse laut Gesetz Sanierungsmassnahmen ergreifen. Dazu zählen Sanierungsbeiträge der Arbeitgeber und der Versicherten ohne Kapitalwirkung bei den Versicherten oder eine Nullverzinsung des überobligatorischen Vorsorgekapitals. Damit auch in schlechten Finanzmarktphasen keine Unterdeckung eintrifft, müssen die Pensionskassen Wertschwankungsreserven aufbauen.
Aufbau von Wertschwankungsreserven
Die PAT-BVG hat 2013 eine Nettorendite auf dem Anlagevermögen von 5,9 Prozent erwirtschaftet. Am 31. Dezember verfügte sie über einen Deckungsgrad von 105,2 Prozent. Es sind somit Wertschwankungsreserven von 5,2 Prozent vorhanden. Die Zielgrösse der Wertschwankungsreserve beläuft sich auf 10,6 Prozent des Vorsorgevermögens. Das Rückstellungsreglement von PAT-BVG sieht vor, die obligatorischen und die überobligatorischen Vorsorgeguthaben mit dem BVG-Mindestzinssatz zu verzinsen, bis die Zielgrösse der Wertschwankungsreserven erreicht ist. Deshalb wurden 2013 von der erwirtschafteten Rendite von 5,9 Prozent nur 1,5 Prozent – die BVG-Mindestverzinsung – an die Versicherten weitergegeben. Der Rest wurde zum Aufbau der Wertschwankungsreserven eingesetzt. Diese Reserven tragen künftig dazu bei, die Kassen gegen eine Unterdeckung widerstandsfähiger zu machen.
Umhüllende Pensionskassen mit Kapitalgarantie
Als Alternative zu den umhüllenden Kassen ohne Kapitalgarantie bieten die grossen Versicherer im Markt der Schweizer Pensionskassen umhüllende Pensionskassen mit einer Kapitalgarantie an. Bei diesen besteht naturgemäss kein Risiko auf eine Unterdeckung und damit verbundene Sanierungsmassnahmen. Diese Kassen pflegen hingegen eine sehr vorsichtige Anlagepolitik. Dementsprechend werden ertragsmässig nie grosse Sprünge gemacht. Überwiegend wird deshalb das Vorsorgekapital der Versicherten zum obligatorischen Mindestzins oder etwas darüber verzinst. Auch diese Kassen bilden Reserven. Laut ihren Jahresberichten betrifft die Reservebildung derzeit insbesondere die Abdeckung des Langlebigkeitsrisikos: zu hohe Rentenversprechen an die stets älter werdenden Rentnerinnen und Rentner.
Überobligatorische Pensionskassen mit freier Wahl der Anlagestrategie
Für die höheren Lohnanteile gibt es im Markt der Schweizer Pensionskassen für Liebhaber von sehr riskanten Chancen auf höhere Anlageerträge eine weitere Alternative: „Pensionskassen, die ausschliesslich Lohnanteile über 126‘360 Franken versichern, dürfen ihren Versicherten innerhalb des Vorsorgeplans unterschiedliche Anlagestrategien zur Auswahl anbieten“, steht nämlich in Artikel 1e der Verordnung zum Berufsvorsorgegesetz (BVV2). Die Versicherten können dabei mit einer gewagten Anlagestrategie auf höhere Erträge setzen. Die wirklich realisierten Erträge werden dann jedem Versicherten voll gutgeschrieben. Aber: Wer höhere Renditen anstrebt, muss natürlich gezwungenermassen auch höhere Risiken eingehen. Gibt es Verluste oder in einem historisch immer wieder aufkommenden Crash gar Riesenverluste, werden damit Teile des Vorsorgekapitals vernichtet. Solche überobligatorischen Pensionskassen mit freier Wahl der Anlagestrategie eignen sich mithin ausschliesslich für Menschen mit einer weit überdurchschnittlichen Risikofähigkeit und Risikobereitschaft im sensiblen Bereich der Vorsorgeplanung.
Bislang gibt es im Bereich der überobligatorischen Pensionskassen mit freier Wahl der Anlagestrategie eine gesetzliche Inkonsequenz: Bei einem Pensionskassenaustritt vor der Pensionierung erhalten die Versicherten den im Freizügigkeitsgesetz vorgeschriebenen Mindestbetrag auch dann, wenn eine unglückliche Anlagestrategie das Vorsorgevermögen darunter gedrückt hat. Derzeit ist eine Gesetzesänderung im Gang, die diesen Vorteil beseitigen wird: Künftig sollen die Versicherten die Risiken und damit die Verluste ihrer freiwillig gewählten Anlagestrategie während der gesamten Laufzeit des Vorsorgeplans selber tragen.
Beurteilung
Die auf Medizinalpersonen spezialisierte PAT-BVG bietet den Ärztinnen und Ärzten mit ihren Vorsorgeplänen einen ausgewogenen Aufbau der beruflichen Vorsorge. Der erreichte Deckungsgrad lässt sich sehen. Nach dem Erreichen der gesetzlich und reglementarisch geforderten Wertschwankungsreserven können dann auch die den versicherten direkt gutgeschriebenen Erträge wieder steigen.
Nach Lage der Dinge ist in der derzeitigen Lage eine kapitalgarantierte Pensionskasse ohne Unterdeckungsrisiko gegenüber der PAT-BVG kaum mit Vorteilen verbunden. Hier bleiben die den Versicherten gutgeschriebenen Erträge stets vergleichsweise bescheiden. Es besteht nie Aussicht auf Renditen erheblich über der gesetzlichen Mindestverzinsung.
Überdurchschnittliche Ertragschancen bestehen dagegen bei den überobligatorischen Pensionskassen mit freier Wahl der Anlagestrategie für Lohnanteile ab 126‘360 Franken. Wegen der auf historischen Erfahrungen beruhenden statistischen Häufigkeit von Börsencrashs eignen sich diese Kassen aber wirklich nur für Vorsorgende, die eine jederzeit mögliche erhebliche Vernichtung eines Teils ihres Vorsorgekapitals in Kauf nehmen wollen. Tritt eine solche Vernichtung beispielsweise nur einige Jahre vor der Pensionierung auf, ist ein Aufholen dann kaum mehr möglich. Deshalb mein persönliches Urteil: Im Grunde sind riskante Anlagestrategien im Vorsorgebereich ein Fremdkörper. Ich rate von diesen Kassen ab, weil ich in meiner langjährigen Tätigkeit als Finanzjournalist mit etlichen Crashperioden erfahren habe: Die wirklich risikobereiten Menschen, die einen Riesenverlust einfach so wegstecken, müssen erst noch geboren werden. Es gibt sie kaum.