Winkt für den überlebenden Konkubinatspartner eine hohe reglementarische Lebenspartnerrente, sollte in der Vorsorgeplanung der Verzicht auf den Bezug einer viel tiefere Witwen- oder Witwerrente erwogen werden.
Rente und Kapital von Pensionskasse zugesichert
Am 11. Oktober 2007 signalisiert Hans. X. seiner Pensionskasse, er lebe mit der verwitweten Marie Y. im Konkubinat. An Marie sei im Falle seines Ablebens die vom Reglement vorgesehene Lebenspartnerrente auszurichten. Hans stirbt im Mai 2010. Marie schreibt der Pensionskasse am 18. Mai ausdrücklich, sie erhalte im Bereich der beruflichen Vorsorge bislang keine Witwenrente. Deshalb erhebe sie Anspruch auf die ihr zustehenden Leistungen. Am 16. Juni erhält Marie den freudigen Entscheid: eine lebenslange monatliche Lebenspartnerrente von 1919 Franken ab dem 1. Juni 2010 sowie ein Todesfallkapital von 9591 Franken. Dieses wird schon am 18. Juni ausbezahlt.
Sofortiger Widerruf der Rente
Dann kommt die kalte Dusche. Die Pensionskasse von Hans X. erhält Kenntnis von einem Schreiben an Marie Y., in dem ihr Anspruch auf eine Witwenrente bei einer andern Vorsorgeeinrichtung bestätigt wird. Die schon gesprochene, aber noch nie ausbezahlte Lebenspartnerrente wird widerrufen. Auch das schon überwiesene Todesfallkapital wird sofort zurückgefordert. Im Laufe des folgenden Schriftwechsels zwischen den Parteien wird Marie am 24. September 2010 über den endgültigen Entscheid aufgeklärt: Auf eine Rückzahlung des Todesfallkapitals wird verzichtet. Weil schon eine Witwenrente bestehe, falle jedoch das Recht auf die Lebenspartnerrente dahin.
Klare Gesetzesregel
Die rentenverweigernde Pensionskasse stützt ihren Entscheid auf den klaren Wortlaut von Artikel 20a, Absatz zwei des Berufsvorsorgegesetzes: Kein Anspruch auf eine vom Reglement vorgesehene Lebenspartnerrente besteht, wenn die begünstigte Person bereits eine Witwer- oder Witwenrente bezieht. Trotzdem weigert sich Marie, die Streichung ihrer Lebenspartnerrente zu akzeptieren. Im daraus entstehenden Rechtsstreit gelangt sie bis ans Bundesgericht. Mit der folgenden Begründung hofft sie, das Recht auf ihre Rente bei den obersten Richtern zu erkämpfen: Die tatsächlich bestehende Witwenrente aus der Pensionskasse ihres verstorbenen Ehemanns betrage nur mickrige 3816 Franken pro Jahr. Das sei praktisch nichts, gegenüber der gesprochenen und dann widerrufenen Lebenspartnerrente von jährlich 23‘028 Franken. Es sei daher willkürlich und unverhältnismässig, wenn die Pensionskasse von Hans X. in diesem Fall jegliche Rentenleistung verweigere. Allenfalls sei die durch die beiden Renten entstehende Überentschädigung durch eine tiefere Lebenspartnerrente zu beseitigen.
Kumulation von Witwenrente und Lebenspartnerrente ist strikte verboten
Das Bundesgericht lehnt das ab. Das Gesetz verbiete im Bereich der Pensionskassen unmissverständlich und ohne Betrachtung der Rentenhöhen jegliche Kumulation von Witwenrente und Lebenspartnerrente. Deshalb muss sich Marie künftig mit der bescheidenen Witwenrente von 3816 Franken pro Jahr begnügen. Die Pensionskasse von Hans X. muss die viel höhere Lebenspartnerrente definitiv nicht ausrichten (BGE 9C_568/2012 auf Französisch).
Schlussfolgerung aus dem Urteil
Die Lehre aus diesem Urteil: Bei der Vorsorgeplanung sollten Konkubinatspaare das in der beruflichen Vorsorge bestehende Kumulationsverbot von Witwen- oder Witwerrente und Lebenspartnerrente miteinbeziehen. Winkt für den überlebenden Konkubinatspartner eine hohe reglementarische Lebenspartnerrente, sollte der Verzicht auf den Bezug einer viel tiefere Witwen- oder Witwerrente erwogen werden.