Anfrage von Frau Dr. med. D.G. in W.: «Ich will meine Arztpraxis demnächst aufgeben. Aber ich will meine Berufsausübungsbewilligung sowie die darauf beruhende ZSR(Zahlstellenregister)-Nummer unbedingt behalten. Der Grund: Ich will auch ohne meine Arztpraxis noch eine SEHR reduzierte ärztliche Tätigkeit ausüben, beispielsweise Rezepte ausstellen. Meine Frage: Ist mein Vorhaben möglich, wenn ich dafür nur noch eine angepasste Privathaftpflichtversicherung und nicht mehr die teurere Berufshaftpflichtversicherung habe?»
Universitäre Medizinalberufe in Eigenverantwortung brauchen laut Gesetz eine Berufshaftpflichtversicherung
Artikel 40 des Medizinalberufegesetzes schreibt vor:
«Berufspflichten: Personen, die einen universitären Medizinalberuf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben, halten sich an folgende Berufspflichten: (…) h. Sie schliessen eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, ab oder weisen eine solche Versicherung auf, es sei denn, die Ausübung ihrer Tätigkeit unterliegt dem Staatshaftungsrecht.»
Fragt sich: Könnte es da bei einer SEHR reduzierten ärztlichen Tätigkeit nach der Aufgabe der Arztpraxis eine Ausnahme geben, indem die Berufshaftpflichtversicherung durch eine angepasste Privathaftpflichtversicherung ersetzt wird?
Das sagt die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich
Wir fragten das Amt für Gesundheit der Gesundheitsdirektion Zürich an, ob bei einer SEHR reduzierten ärztlichen Tätigkeit trotz der gesetzlich verlangten Berufshaftpflichtversicherung eine angepasste Privathaftpflichtversicherung für die Weiterführung der Berufsausübungsbewilligung genügen könnte.
Hier die Antwort von Béatrice Zürrer, lic. iur. RA, stellvertretende Leiterin Abteilung Recht des Amts für Gesundheit der Gesundheitsdirektion Zürich: «Grundsätzlich ist für eine Berufsausübungsbewilligung eine Berufshaftpflichtversicherung notwendig (Art. 40 lit. h MedBG). Es ist aber möglich, dass bei sehr reduzierter ärztlicher Tätigkeit und entsprechend tieferem Risiko eine Privathaftpflichtversicherung ausreicht. Die Deckung hätte die betroffene Ärztin oder der betroffen Arzt bei ihrer Privathaftpflichtversicherung abzuklären. Nicht alle Versicherungen übernehmen das Risiko. Zudem ist die Deckung gegenüber der Gesundheitsdirektion nachzuweisen, damit die Berufsausübungsbewilligung weitergeführt wird.»
Das sagt die AXA zur Einschätzung der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich
In einer ersten Anfrage sagte uns Simona Meili, Mediensprecherin der Versicherungsgesellschaft AXA: «Aus Sicht der Berufshaftpflichtversicherung kann gesagt werden, dass zu empfehlen ist, die Berufshaftpflichtversicherung, allenfalls in reduziertem Umfang, so lange aufrecht zu erhalten, bis die ärztliche Tätigkeit definitiv aufgegeben wird. Damit wird sichergestellt, dass die Ärztin oder der Arzt durchgehend über einen auf ihre fachärztliche Tätigkeit abgestimmten Versicherungsschutz verfügt.
Dann haben wir Simona Meili mit der Auskunft der Gesundheitsdirektion Zürich konfrontiert. Simona Meili antwortete darauf: «Die Privathaftpflichtversicherung der AXA bietet grundsätzlich Deckung für selbstständige Erwerbstätigkeit an, wenn das Brutto-Jahres-Erwerbseinkommen 20'000 Franken nicht überschreitet. Es gelten jedoch Ausschlüsse, weshalb jeder Einzelfall zu prüfen ist. Wir empfehlen der Ärztin oder dem Arzt mit einer SEHR reduzierten Tätigkeit, direkt mit ihrer oder seiner Privathaftpflichtversicherung Kontakt aufzunehmen. Diese kann die Sachlage detailliert abklären und eine entsprechende Lösung anbieten.»
Fazit
Nach der Praxisaufgabe mit anschliessender SEHR reduzierter Arzttätigkeit ist die Fortführung der Berufshaftpflichtversicherung mit reduziertem Umfang ein gut praktikabler und rechtssicherer Weg. Die Privathaftpflicht als Ersatz für die Berufshaftpflicht ist in der Schweiz eher ein Ausnahmefall und nur nach eingehender individueller Abklärung mit der betroffenen Haftpflichtversicherung möglich.
Die Versicherungen bieten zumeist keine Standardlösung für die SEHR reduzierte ärztliche Berufsausübung im Rahmen der Privathaftpflicht an. Falls eine Lösung mit einer Privathaftpflichtversicherung gefunden wird, muss die Deckung gegenüber der Gesundheitsdirektion, welche die Berufsausübungsbewilligung ausstellt, nachgewiesen werden.