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Die Medizin steht am Beginn einer neuen Ära: Die Künstliche Intelligenz KI verspricht, Diagnosen zu präzisieren, Behandlungswege zu optimieren und Patientinnen und Patienten weltweit besser zu versorgen. Angesichts dieser Potenziale stellt sich nicht mehr allein die Frage, ob KI in der Medizin eingesetzt werden sollte. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob es ethisch überhaupt noch vertretbar ist, auf den Einsatz der Künstlichen Intelligenz KI in der Medizin zu verzichten. Die Antwort darauf führt ins Zentrum medizinischer Ethik und sozialen Handelns.

Wer auf KI verzichtet, nimmt falsche oder zu späte Diagnosen in Kauf
Im Zentrum medizinischen Ethik steht das Prinzip des Wohltuns, der «Benefizienz»: Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisches Personal sind verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohl der Patientinnen und Patienten zu handeln. Künstliche Intelligenz ist heute in vielen medizinischen Bereichen in der Lage, durch die Auswertung grosser Datenmengen die medizinischen Fachpersonen zu unterstützen und oft sogar zu überbieten. Wer diese Möglichkeiten bewusst nicht nutzt, nimmt in Kauf, dass Diagnosen zu spät oder gar nicht gestellt werden, Therapien weniger effektiv sind und Komplikationen übersehen werden. Oft geht es dabei um Leben und Tod.
Daraus ergibt sich eine ethische Verpflichtung: Die bestmögliche Versorgung kann heutzutage in vielen Fällen nur mit der Unterstützung von Künstlicher Intelligenz gewährleistet werden.

Der Verzicht auf KI könnte als Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht interpretiert werden
Wenn wissenschaftlich belegt ist, dass Künstliche Intelligenz Diagnosen genauer macht und damit zu besseren Behandlungsergebnissen führt, entsteht eine ethische Verpflichtung, die Künstliche Intelligenz zu nutzen. Das Unterlassen des Einsatzes bewährter Künstlicher Intelligenz könnte als Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht interpretiert werden.

Mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten dank KI
Künstliche Intelligenz kann Ärztinnen und Ärzten dabei helfen, administrative Aufgaben erheblich zu vermindern. Studien zeigen, dass Ärztinnen und Ärzte täglich viel Zeit mit der Dokumentation verbringen. Durch die Automatisierung dieser Aufgaben können Ressourcen freigesetzt werden, die dank der Künstlichen Intelligenz der direkten Patientenversorgung zugutekommen.
Dies ist besonders wichtig in dieser Zeit des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen. Insofern ermöglicht die Künstliche Intelligenz eine spürbare Steigerung der Produktivität. Dabei wird gleichzeitig die Qualität der Versorgung verbessert, wodurch dank der Künstlichen Intelligenz mehr Patientinnen und Patienten von den begrenzten Ressourcen profitieren können.

Die KI kann dazu beitragen, gesundheitliche Ungleichheiten zu reduzieren
Das medizinethische Prinzip der Gerechtigkeit verlangt eine faire Verteilung der medizinischen Ressourcen. Die Künstliche Intelligenz kann dazu beitragen, gesundheitliche Ungleichheiten zu reduzieren, indem sie hochqualitative Diagnostik auch in unterversorgten Gebieten ermöglicht. Von Künstlicher Intelligenz gestützte Telemedizin und Fernüberwachung von Patientinnen und Patienten können die Zugänglichkeit der medizinischen Versorgung in ländlichen oder benachteiligten Gebieten verbessern.

Die KI erhöht die Sicherheit von Patientinnen und Patienten
Alle wissen es: Medizinische Fehler sind eine der führenden Todesursachen. Künstliche Intelligenz kann heute erwiesenermassen helfen, menschliche Fehler zu vermindern und damit die Patientensicherheit zu erhöhen. Wenn eine Technologie wie die Künstliche Intelligenz verfügbar ist, die nachweislich Fehler verhindert und Leben rettet, wird deren Nutzung zu einer ethischen Pflicht und deren Nichtnutzung mithin zu einem ethischen Problem.

Die KI erschliesst Ärztinnen und Ärzten den aktuellen Stand der Wissenschaft
Der Hippokratische Eid und moderne medizinische Gelöbnisse verpflichten die Ärztinnen und Ärzte zur ständigen Verbesserung ihrer Fähigkeiten und zur Nutzung des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft. Dies schliesst die verantwortungsvolle Adoption neuer Technologien wie die Künstliche Intelligenz ein, die nachweislich die Patientenversorgung verbessern.

Die ethischen Grenzen von KI in der Medizin

Der Einsatz der Künstlichen Intelligenz in der Medizin hat allerdings folgende ethische Grenzen:

  • Transparenz und Aufklärung: Patienten müssen über den Einsatz der Künstlichen Intelligenz informiert werden und ihre Einwilligung geben können.
  • Menschliche Kontrolle: Künstliche Intelligenz soll Ärztinnen und Ärzte nur unterstützen, nicht ersetzen. Die ärztliche Letztverantwortung muss erhalten bleiben.
  • Qualitätssicherung: Die eingesetzte Künstliche Intelligenz muss stets validiert, transparent und garantiert frei von schädlichen Verzerrungen sein.
  • Kompetenz: Ärztinnen und Ärzte müssen gezielt geschult werden, um die Künstliche Intelligenz verantwortungsvoll nutzen zu können.

Das bedeutet: Die Künstliche Intelligenz darf in der Medizin nicht blind übernommen werden. Es braucht vielmehr einen durchdachten Einsatz von validierter Künstlicher Intelligenz unter Wahrung ethischer Standards und menschlicher Kontrolle. Die Frage ist mithin nicht, ob wir Künstliche Intelligenz in der Medizin einsetzen sollen, sondern wie wir dies verantwortungsvoll und zum Wohl der Patientinnen und Patienten tun können.


In dieser medizinischen Bereichen hat sich der Einsatz von KI bewährt

  • Diagnostik und Bildgebung: Künstliche-Intelligenz-gestützte Verfahren, insbesondere im Bereich der Radiologie und der bildgebenden Diagnostik, liefern heute bereits beeindruckende Ergebnisse. Algorithmen analysieren Röntgenbilder, Computertomographie(CT)-Bilder und Magnetresonanztomographie(MRT)-Bilder oft schneller und in manchen Fällen genauer als menschliches Fachpersonal. Das ermöglicht dank der KI eine frühere Erkennung von Tumoren, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurologischen Störungen. Auch Hauterkrankungen wie Melanome werden immer häufiger durch Künstliche-Intelligenz-Anwendungen in der Dermatologie zuverlässig erkannt.
  • Personalisierte Medizin: Durch die Auswertung grosser Mengen genetischer, molekularer und klinischer Daten kann Künstliche Intelligenz individuelle Risiken bestimmen und massgeschneiderte Therapievorschläge machen. Dies verbessert die Behandlungsergebnisse und reduziert Nebenwirkungen, zum Beispiel in der Onkologie oder bei seltenen Erkrankungen.
  • Prognosemodelle und Risikoabschätzung: Künstliche Intelligenz kann aus elektronischen Gesundheitsakten, Laborwerten und Vitaldaten Muster erkennen und daraus Prognosen für Krankheitsverläufe erstellen. Das hilft etwa dabei, Komplikationen auf Intensivstationen frühzeitig zu erkennen oder die Wahrscheinlichkeit für Rückfälle bei chronischen Erkrankungen zu bestimmen.
  • Robotik und Assistenzsystem in der Chirurgie: Roboterassistierte Chirurgie profitiert von Künstlicher Intelligenz, indem sie Bewegungen präzisiert, Risiken minimiert und Operationszeiten verkürzt. Künstliche Intelligenz unterstützt zudem das Training von Ärztinnen und Ärzten sowie die Planung komplexer Eingriffe.
  • Medikamentenentwicklung: Die Entwicklung neuer Medikamente ist langwierig und kostenintensiv. Künstliche Intelligenz beschleunigt den Prozess, indem sie molekulare Strukturen simuliert, potenzielle Wirkstoffe vorschlägt und klinische Studien effizienter gestaltet. Das verkürzt die Zeit bis zur Marktreife und erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit.
  • Administrative Prozesse und Dokumentation: Künstliche Intelligenz-Agenten übernehmen Routineaufgaben wie Terminplanung, Abrechnung und Dokumentation. Dadurch gewinnen medizinische Fachkräfte mehr Zeit für die Versorgung der Patientinnen und Patienten. Zudem wird die Fehlerquote vermindert.
  • Telemedizin und virtuelle Betreuung: Mit Künstlicher Intelligenz können Symptome analysiert, Diagnosen vorbereitet und Therapievorschläge gemacht werden. Dies auch in ländlichen Gebieten oder für Menschen mit eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung. Chatbots und virtuelle Assistenten verbessern die Erreichbarkeit von medizinischem Wissen rund um die Uhr. Patientinnen und Patienten können dank Instrumenten und Apparaten mit Künstlicher Intelligenz aus der Ferne sicher betreut werden.

 

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